65. Friedrich-Ebert-Anlage 5
Wilhelm Wattenbach und Leo Koenigsberger

Wilhelm Wattenbach
Quelle: HINZ, S. 288

Univ.-Platz — Bismarckplatz

Wilhelm Wattenbach

Das zweite Obergeschoss hatte Gervinus an den Historiker Wilhelm Wattenbach (1819-1897) vermietet. Wattenbach lebte hier vom SS 1864 bis zum SS 1873. Dann folgte er einen Ruf der Berliner Universität.

Leo Koenigsberger

Im Herbst 1869 bezog Leo Koenigsberger die Wohnung im Erdgeschoss. Er kam häufig nachmittags oder abends mit dem Ehepaar Gervinus zusammen. Auch er zog 1873 aus; er folgte nicht einem Ruf einer anderen Universität, sondern dem des Herzens. Nach seiner Heirat bezog er eine größere Wohnung.


Koenigsberger befreundete sich mit dem Physiker Gustav R. Kirchhoff und mit dem Chemiker Robert W. Bunsen. Kirchhoffs erste Frau war am Tag vor Koenigsbergers Ankunft gestorben und Bunsen war wie Koenigsberger Junggeselle. Die drei Herren spielten gemeinsam Karten und unternahmen Spaziergänge.

An diesen kleinen Wanderungen beteiligte sich oft Hermann Helmholtz, zu dem Koenigsberger mit großer Verehrung aufsah. Zu dieser Zeit beschäftigte sich Helmholtz mit geometrischen Fragen. Koenigsberger schrieb in seinen Erinnerungen:

Helmholtz beteiligte sich sehr oft an unsern gemeinschaftlichen Spaziergängen, hatte aber zuerst durch seine erdrückende geistige Potenz für mich etwas beängstigendes, er schien mir unnahbar; seine Auseinandersetzungen über den mehrdimensionalen Raum auf einem Spaziergange mit ihm gleich in den ersten Tagen meines Heidelberger Aufenthaltes sind mir durch die Tiefe der Gedanken und die dunkle Form, in die er diese kleidete, lange Jahre in Erinnerung geblieben. Ein Spaziergang mit ihm war für den Mathematiker nie eine Erholung, die Unterhaltung meist eine wissenschaftliche und anstrengende; beständig warf er Fragen auf, die ihn gerade beschäftigten, und sehr häufig wollte er wissen, wo er das eine oder andere zu seiner Orientierung nachlesen könnte; gab ich ihm aber Nachmittags ein Buch an, in welchem die ihm aufgestoßenen Schwierigkeiten behandelt waren, so teilte er mir meist schon an demselben Abend mit, zu welchen Resultaten er, ohne das Buch noch angesehen zu haben, durch eigene Überlegungen gekommen war. [...] Allmählich gewöhnte ich mich aber an den wissenschaftlichen Verkehr mit Helmholtz, der, wenn er sah, daß seine Auseinandersetzungen dem Zuhörer nicht zum vollem Verständnis gelangt waren, von selbst und gern seine Deduktionen, womöglich in etwas veränderter Form, wiederholte, wodurch die wissenschaftliche Unterhaltung mit ihm stets in hohem Grade lehrreich und anregend war. [...] Er war eben ein überlegener Geist, dessen Umfang und Tiefe mit dem gewöhnlichen Maßstab nicht ergründet werden konnte.

Quelle: KOENIGSB, S. 87f


Letzte Änderung: Oktober 2017     Gabriele Dörflinger   Kontakt

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