65. Friedrich-Ebert-Anlage 5
Georg Gottfried Gervinus und Viktorie Gervinus

Viktorie Gervinus 1841

Georg Gottfried Gervinus 1837

Gemälde von Carl Oesterley (1805-1891)

Univ.-Platz — Bismarckplatz

Der Literaturhistoriker Georg Gottfried Gervinus (1805-1871) lebte seit 1839 in Heidelberg. Gleich am Anfang seiner Heidelberger Zeit kaufte er für sich und seine Frau, die er bereits 1836 geheiratet hatte, ein Haus am rechten Neckarufer. Nach einigen Jahren war es ihm verleidet. Er verkaufte das Haus 1844 und lebte zur Miete in der Ziegelhäuser Landstr. 17.
1862 erwarb er das Haus in der Ebert-Anlage von Adam Leber.

Georg Gottfried Gervinus

wurde 1805 in Darmstadt geboren. Nach dem Studium der Philologie und Geschichte arbeitete er von 1827 bis 1830 als Lehrer in einer Privatschule in Frankfurt/Main. 1830 habilitierte er sich in Heidelberg im Fach Geschichte und unternahm 1832-33 eine Studienreise nach Italien. Nach seiner Rückkehr begann er, eine Geschichte der deutschen Literatur zu schreiben, mit der er das nationale Selbstbewusstsein stärken und damit eine politische Erziehungsaufgabe erfüllen wollte. Nach der Publikation des ersten Bandes 1835 wurde er zum a.o. Prof. ernannt.

Im SS 1836 folgte er einem Ruf der Göttinger Universität. Dort hob 1837 der König Ernst August von Hannover die 1833 modernisierte Verfassung auf und setzte die alte Verfassung von 1819 wieder in Kraft. Sieben Professoren der Göttinger Universität — unter ihnen Gervinus — protestierten gegen dieses Vorgehen und wurden wenige Wochen später aus dem Universitätsdienst entlassen und sogar des Landes verwiesen.

Nach einem zweiten Italienaufenthalt lebte Gervinus als Privatgelehrter in Heidelberg. Hier vollendete er 1842 seine fünfbändige „Geschichte der poetischen National-Literatur der Deutschen“. Im Juni 1844 wurde er zum Honorar-Professor der Universität Heidelberg ernannt. 1848 nahm er an der Frankfurter Nationalversammlung teil, trat aber bereits am 31. Juli wegen Krankheit aus. Er begann eine Geschichte des 19. Jahrhunderts zu schreiben, deren einleitender Band Anfang 1853 publiziert wurde. Darin stellte er die These auf, dass die demokratischen Ideen den Absolutismus überwinden werden. Dies brachte ihm einen Hochverratsprozess ein und am 7. Juli 1853 die Entziehung der venia legendi.

1870 verfasste Gervinus eine letzte politische Schrift. An Stelle eines deutschen zentralistischen Nationalstaates, der bei den Nachbarstaaten die Furcht von deutschem Hegemonialstreben schüre, forderte er einen deutschen Bundesstaat nicht mit einem Kaiser sondern mit einem in Hamburg residierenden Schirmherrn an der Spitze.

Zwei Monate nach der Kaiserproklamation in Versailles starb Georg G. Gervinus in Heidelberg. Der Philosoph Eduard Zeller hielt die Grabrede.

Viktorie Gervinus

(1820-1893) war die jüngste Tochter des Heidelberger Botanik-Professors Franz J. Schelver († 1832). Gervinus lernte sie 1833 kennen und heiratete die noch Minderjährige am 3. September 1836. Wie Prof. Higgins im Musical „My fair Lady“ versuchte er seine junge Frau zu bilden und zu erziehen; seine Erziehungsversuche wies sie nach einigen Jahren zurück. Trotz fehlender Nachkommenschaft wurde die Ehe sehr glücklich. Hauptsächlich vereinte sie die gemeinsame Liebe zur Musik. Viktorie war eine ausgezeichnete Klavierspielerin. Nach Heidelberg zurückgekehrt traten beide dem Thibautschen Singkreis (Der Jura-Professor Anton Friedrich Justus Thibaut (1772-1840) gründete 1814 einen Singkreis, der sich mit alter Musik, vor allem mit dem Werk Palaestrinas und Händels beschäftigte.) bei und führten ihn nach Thibauts Tod 1840 privat fort. Vor allem pflegten sie die Werke Georg Friedrich Händels. Nach Gervinus Tod veröffentlichte Viktorie Gervinus eine siebenbändige Gesangssammlung aus Händels Opern und Oratorien.


Letzte Änderung: Oktober 2017     Gabriele Dörflinger   Kontakt

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