45. Hauptstr. 120
Philipp Jolly

Philipp Jolly

Univ.-Platz — Bismarckplatz

Zunächst wohnte hier in der Hauptstr. 120 von 1840-1846 der Physiker Philipp Jolly (1809-1884), der auch Mathematik unterrichtete. Jolly erlangte 1834 den Doktorgrad mit einer mathematikhistorischen Arbeit (De Euleri meritis de functionibus circularibus) und habilitierte sich wenige Monate später für Physik.

Philipp Jolly war der Vorgänger von Gustav R. Kirchhoff. Er richtete ein physikalisches Labor für die Studenten ein, die vorher an der Universität keine Experimentiermöglichkeiten hatten. 1854 wurde Jolly nach München berufen, wo er bis an sein Lebensende wirkte.

Literatur:
Böhm, Gottfried: Philipp von Jolly. — München, 1886. — ca. 50 S.
Mit Bibliographie.
Digital unter http://www.ub.uni-heidelberg.de/archiv/12994

Die rechts stehende Fotografie der von Konrad Knoll geschaffenen Marmorbüste ist in diesem Nachruf zu finden.

Jolly selbst schrieb in seinen ca. 1870 angefertigten autobiographischen Notizen (Siehe Böhm, S. 11f.) über seine Berufsfindung:

„In der Schule waren mir die mathematischen Disciplinen leicht geworden; Lehrer und Schüler sahen in mir den zukünftigen Mathematiker. Es ist aber ein Anderes, ob man die mathematische Sprache sich leicht aneigene, oder ob man sich dazu angethan fühle, die mathematische Sprache zu erweitern. \mymargin{12} Es erschien mir entscheidend, daß mir in mathematische Vorlesungen und im Studium mathematischer Werke die Auffassung zwar leicht wurde, daß ich mich aber nicht zur Eruirung neuer Lehrsätze angeregt oder befähigt fühlte. Ganz anders war es im Studium der Physik. Mit jedem Fortschritte traten mir neue Fragen, Zweifel und die Begierde, neue Untersuchungsmethoden anzuwenden, entgegen.“

Anlässlich seiner Heirat mit Luise Wüstenfeld (1821-1874) im Oktober 1839 bezog Jolly die Wohnung im Haus Neukirch. Er selbst war im November 1839 zum a.o. Prof. ernannt worden und hatte so eine gesichertere finanzielle Position errungen.

Unbefriedigend blieb zunächst die Ausstattung des physikalischen Instituts. Die vorhandenen Geräte im unzureichenden Physikalischen Kabinett standen primär dem Ordinarius Prof. Georg W. Muncke (1773-1847) zur Verfügung. Jolly musste benötigte Geräte selbst anschaffen; für die Belange der Studenten war gar nichts vorgesehen. So richtete er 1846 ein Gesuch an das badische Ministerium:

„In Heidelberg aber besteht dermalen, namentlich in den Hülfsmitteln für physikalische Studien, eine äußerst fühlbare Lücke. Es fehlt an einem Laboratorium, einem Orte zur Ausbreitung der Thätigkeit des Lehrers und zur Uebung der Schüler, einer Einrichtung, die heutigen Tages, wenn überhaupt in diesen Fächern etwas geleistet werden soll, ein unabweisbares Bedürfniß geworden ist. [...] Zugleich liegt das Fach der Experimentalphysik hier brach, zugleich ist wegen Mangel eines physikalischen Laboratoriums den eifrigeren und fähigeren Schülern nichts geboten, zugleich ist jenes ersprießliche Zusammenwirken der Lehrer der verwandten Fächer der Chemie und Physiologie, das Unternehmen gemeinschaftlicher, umfassenderer Experimental-Untersuchungen ganz unmöglich.“

(Siehe Böhm, S. 15f)

Jolly erbat eine jährliche Unterstützung zur Errichtung eines physikalischen Laboratoriums. Am 21. Sept. 1846 wurde er unter Bewilligung einer Besoldungszulage von jährlich 200 Gulden zu den bisherigen 800 Gulden zum Ordinarius ernannt. Zwei Zimmer in der Wohnung seines Vorgängers wurden ihm zur Einrichtung eines physikalischen Laboratoriums für Studierende an der Universität Heidelberg überlassen.


Letzte Änderung: Oktober 2017     Gabriele Dörflinger   Kontakt

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