Leo Koenigsberger, der an der Gründung der Heidelberger
Akademie der Wissenschaften im Jahr 1909 aktiv beteiligt war und
gemeinsam mit Wilhelm Windelband die Vorschlagsliste
der ersten Mitglieder für den Großherzog Friedrich II.
erarbeitete, schrieb im Kapitel
„Heidelberg 1884 - …“
seiner Erinnerungen
Mein Leben:
Als ich vor dem großen Heidelberger Universitätsjubiläum
unserm allverehrten Großherzog die von
mir verfaßte Festschrift überreichte, teilte er mir mit,
daß er beabsichtige, der Universität eine Jubiläumsgabe
zur Gründung einer Badischen Akademie der
Wissenschaften, die ihren Sitz abwechselnd in Heidelberg,
Freiburg und Karlsruhe haben sollte, überreichen
zu lassen, und ersuchte mich, ihm die Statuten
der Göttinger und Münchener Akademie zur Einsicht
vorzulegen.
Bei einer weiteren Besprechung zeigte es sich sehr bald, daß der wechselnde Sitz der Akademie in Wirklichkeit kaum durchführbar sei, und der Großherzog neigte sich der Ansicht zu, daß Heidelberg, zu dessen Jubiläum die Akademie ins Leben treten sollte, auch der feste Sitz dieser Körperschaft sein sollte. Die Akademie würde wohl am besten zur Vermeidung von Reibereien unter den Mitgliedern selbst keinen Präsidenten erhalten, sondern die Leitung der Geschäfte der mathematisch-naturwissenschaftlichen und philosophisch-historischen Klasse zwei Sekretären übertragen werden, welche mit Ausnahme der beiden ersten vom Großherzog zu ernennenden für eine von der Akademie festzustellende Anzahl von Jahren von den einzelnen Klassen selbst gewählt und vom Großherzog bestätigt würden.
Leider scheiterte der Plan an Schwierigkeiten, deren Beseitigung leicht die Freude der Jubiläumsstimmung hätte beeinträchtigen können. Als sich nun im Frühjahr 1909 durch die Freigebigkeit der schon durch so viele humane und weittragende Stiftungen bekannten Familie Lanz in Mannheim und durch kräftiges Eintreten für die Interessen der Universität von seiten unseres juristischen Kollegen Endemann für die Heidelberger Gelehrten die Gelegenheit bot, die Frage der Gründung einer Akademie wieder aufzunehmen, da brauchte man nur, um die Zustimmung des nunmehr regierenden Landesherren zu gewinnen, an die früher gehegte Absicht des verstorbenen Großherzogs anzuknüpfen, und so gelang es, ganz ohne Schwierigkeiten, die erste Festsitzung der neu gegründeten Akademie der Wissenschaften noch im Sommer desselben Jahres abzuhalten, für welche ich als erster Vorsitzende derselben mit der Festrede beauftragt wurde. Möge es mir gestattet sein, nach eingeholter Erlaubnis an dieser Stelle den für die Geschichte unserer Akademie bedeutungsvollen Teil des Schreibens zu veröffentlichen, dessen mich die Großherzogin Witwe Luise am 27. Juli 1909 gewürdigt hat:
„Erst hier auf der durch das Andenken unseres theuren heimgegangenen Großherzogs geweihten Mainau war es mir möglich, die herrlichen Worte mir vorlesen zu lassen, mit welchen Sie die neue Akademie in Heidelberg eröffnet und begründet haben. Die hochherzige Stiftung derselben ist allerdings eine Gründung dieser bedeutungsvollen wissenschaftlichen Anstalt. Aber die Begründung derselben und ihr Entstehen war Ihnen allein vorbehalten. Mit wahrhaft großer innerer Erhebung bin ich Ihrer unvergleichlichen Rede gefolgt und zugleich mit tiefer Herzensbewegung. Beides ist nun in meinem vereinsamten Leben unzertrennlich. Denn die erhebendsten Eindrücke mit demjenigen theilen zu dürfen, der mich über 50 Jahre daran theilnehmen ließ, und das Entbehren dieser Geistesgemeinschaft führt zu der schmerzlichen Wehmut, die nach Gottes Willen mein Leben nunmehr begleitet. Um so dankbarer war ich für die herrlichen Worte der Erinnerung, die Sie dem Entschlafenen gewidmet haben. Um so dankbarer als jene Besprechungen mit Ihnen, an welche sich große Hoffnungen und Wünsche anschlossen, mir sehr gegenwärtig sind. War es dem Verklärten nicht vergönnt, diese Wünsche und Hoffnungen sich erfüllen zu sehen, so haben Sie dennoch in herrlicher Weise sein Andenken mit der Thatsache der Entstehung unserer neuen Heidelberger Akademie zu verbinden gewußt. Ihnen dafür zu danken ist mir Herzensbedürfnis.Der Eindruck, den Ihre Rede hervorgerufen hat, ist mir von meinem geliebten Sohne in lebhafter Weise geschildert worden. Ich freue mich, daß es ihm vergönnt war, bei jener Feier ein neues geistiges Erbtheil seines in Gott ruhenden Vaters, dem er in allen Dingen so treu folgt, empfangen zu dürfen.“
In den ersten sieben Jahren des Bestehens der Akademie führten Windelband den Vorsitz in der philosophisch-historischen, ich den in der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse.
Letzte Änderung: 25.01.2023 Gabriele Dörflinger Kontakt
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