Günter Kern:
Die Entwicklung des Faches Mathematik
an der Universität Heidelberg

Anmerkungen

Die Stellung der Heidelberger Mathematik in Deutschland

116.1
Dabei kann nur auf die Ordinarien etwas näher eingegangen werden; so sollen deren Forschungstätigkeit und Lehre dargestellt, weitere Dozenten eher kurz erwähnt sowie auch wichtige Ereignisse erläutert werden.
Grundlagen hierfür bilden die Untersuchungen von Wilhelm Lorey und Kurt-R. Biermann, deren Werke schon genannt wurden; hinzu kommt noch die Darstellung Loreys über die Universität Gießen.
Wilhelm Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis 1914. In: Nachrichten der Giessener Hochschulgesellschaft. Bd. 11, Heft 2, Gießen 1937. S. 54-97.
116.2
Hermann Umpfenbach, 1798-1862.
116.3
Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 70.
Hiermit stand die Einführung eines Lehrplans für Lehramtskandidaten in Einklang.
117.1
Vgl. Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 64.
Astronomische Vorlesungen sowie Veranstaltungen für Kameralisten und Architekten zählten ebenfalls zu Umpfenbachs Lehrangebot.
117.2
Damit folgt Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 65, dem Urteil Moritz Cantors.
Moritz Cantor: Hermann Umpfenbach. In: ADB, Bd. 39, 1971.
Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 65, zählt einige der wichtigsten Werke auf, dazu gehörten: „Analytische Geometrie“, Gießen 1823, und „Lehrbuch der Algebra“, Gießen 1825.
117.3
Vgl. Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 66.
Friedrich Georg Karl Zamminer, 1817-1856.
Seine Veröffentlichungen waren hauptsächlich physikalischer Natur.
117.4
Vgl. ebda S. 66.
Christian Wiener, 1826-1896.
1884/87 erschien von ihm ein zweibändiges und weitverbreitetes „Lehrbuch der darstellenden Geometrie“.
Vgl. auch „Lexikon bedeutender Mathematiker“, S. 489f.
Unter den Promovenden Umpfenbachs nennt Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 67f., die späteren Professoren am Darmstädter Polytechnikum Johann Philipp Fischer, 1818-1887, und Nikolaus Hermann Dölp, 1828-1874.
117.5
Dies zeigt sich an seinen allerdings gescheiterten Bemühungen, schon 1861 ein mathematisches Seminar zu errichten.
Vgl. Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 70.
Auf das geringere Niveau weist z.B. die Stellung der Vorlesung über Differential- und Integralrechnung hin, die in Gießen erst für Studierende ab dem vierten Semester empfohlen wurde, in Preußen zählte sie zu diesem Zeitpunkt schon zu den Anfängervorlesungen.
118.1
Alfred Clebsch, 1833-1872, Prof. für theoretische Mechanik an der TH Karlsruhe, Prof. für Mathematik an den Univ. Gießen und Göttingen.
Vgl. auch „Lexikon bedeutender Mathematiker“, S. 107f.
Aus der von ihm begründeten Schule gingen auch Jakob Lüroth und Max Noether hervor.
118.2
Nach den Erinnerungen eines seiner Schüler, Alexander von Brill, zitiert nach: Lorey, Das Studium der Mathematik, S. 77. [Diese Erinnerungen wurden nach Lorey, ebda S. 77, eigens für seine Abhandlung geschrieben.]
Zu beachten ist dabei, daß der Lehrstuhl Umpfenbachs für ein Jahr verwaist war.
118.3
Vgl. zu den Vorlesungen von Clebsch, Lorey, Das Studium der Mathematik, S. 77f.
Paul Gordan, 1837-1912, 1875 bis 1910 ord. Prof. an der Univ. Erlangen. Gordan befaßte sich in seinen Forschungen, angeregt durch Clebsch, hauptsächlich mit der Invariantentheorie.
Als weitere Habilitanden Clebschs aus seiner Gießener Zeit erwähnt Lorey nur noch Alexander W. von Brill, 1842-1935, der 1864 in Gießen promoviert wurde und sich 1867 ebenda habilitierte. Brill wurde aber schon 1869 Prof. am Polytechnikum in Darmstadt, danach am Polytechnikum in München und schließlich an der Univ. Tübingen.
Dafür werden aber einige seiner Promovenden erwähnt, die später selbst zum Teil Ordinarien wurden:
H. Stahl, 1843-1909, ord. Prof. an der TH Aachen und der Univ. Tübingen;
Gundelfinger, 1846-1910, ord. Prof. in Darmstadt.
Vgl. Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 75.
119.1
Vgl. Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 67.
Johann Konrad Bohn, 1831-1897.
119.2
Vgl. ebda S. 73f.
Literarisch gesehen war die Gießener Zeit relativ kurz. Insgesamt lieferte Clebsch jedoch bedeutende Beiträge auf dem Gebiet der algebraischen Geometrie: Seine Arbeit „Über die Anwendung der Abelschen Functionen in der Geometrie“ wurde „als Geburt der algebraischen Geometrie“ angesehen.
Vgl. „Lexikon bedeutender Mathematiker“, S. 107.
Alfred Clebsch: Über die Anwendung der Abelschen Functionen in der Geometrie. In: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Bd. 63, 1864. S. 189-243.
Ein weiteres Schaffensgebiet bildete die „Invariantentheorie“, was sich in der Abhandlung „Theorie der binären algebraischen Formen“, Leipzig 1872, widerspiegelte. Nicht unerwähnt bleiben dürfen die von Clebsch 1868 gegründeten „Mathematischen Annalen“.
Vgl. FN 4, S. 83 dieser Arbeit.
119.3
Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 74.
119.4
Damit konnte Clebsch seine Vorschläge — Königsberger, Gordan und den Breslauer Ordinarius Heinrich Schröter — nicht durchsetzen.
Vgl. Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 77f.
120.1
Richard Baltzer: Theorie und Anwendung der Determinanten. Leipzig 1857 (51881).
Richard Baltzer: Die Elemente der Mathematik. Bd. 1: Gemeine Arithmetik, allgemeine Arithmetik, Algebra. Leipzig 1860. Bd. 2: Planimetrie, Stereometrie, Trigonometrie. Leipzig 1862.
Zur Beurteilung dieser Arbeiten vgl. Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 78.
120.2
So charakterisiert einer seiner Schüler, Albrecht Thaer, den Vorlesungsstil Baltzers.
In: Zeitschrift für mathem. und naturwiss. Unterricht. Bd. 20 (1888), S. 312 ff.
Zitiert nach Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 78.
120.3
Vgl. Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 78.
120.4
Moritz Pasch, 1843-1930, war Schüler von Heinrich Schröter und Rudolf Lipschitz, 1832-1903, letzterer wiederum stammt aus Königsberg.
120.5
Karl Jakob Zöppritz, 1838-1885, seit 1880 ord. Prof. der Geographie in Königsberg.
120.6
Vgl. zu beiden Extraordinarien, Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 80f.
Habilitationen scheint es Lorey zufolge für diese Zeit keine zu geben; Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 79f., zählt nur noch 9 Promotionen für die Zeit Baltzers auf, deren Dissertationen gedruckt worden sind.
121.1
Vgl. „Lexikon bedeutender Mathematiker“, S. 359.
Das „Axiom von Pasch“ erhielt von Hilbert den Namen und machte Pasch bekannt.
121.2
Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 82.
Die Inhalte von Paschs Vorlesungen waren funktionentheoretischer und geometrischer Natur.
Vgl. Lorey, Das Studium der Mathematik, S. 200.
121.3
So Lorey, Das Studium der Mathematik, S. 200.
Dabei werden jedoch keine genaueren Angaben gemacht.
Eugen Netto, 1846-1919, studierte in Berlin und war Schüler Kroneckers.
Von den Werken Nettos sei hier nur das Buch „Substitutionentbeorie und ihre Anwendungen auf die Algebra“, Leipzig 1882, genannt, das für die Herausbildung des abstrakten Gruppenbegriffs von Wichtigkeit war.
Vgl. „Lexikon bedeutender Mathematiker“, S. 341.
121.4
Lothar Heffter, 1862-1962, ord. Prof. an der TH Aachen, an der Univ. Kiel und in Freiburg.
Dagegen scheinen nach Lorey die Dissertationen dem allgemeinen Trend an deutschen Universitäten gefolgt zu sein. So gab es anfangs eine Häufung, innerhalb des Jahres 1888 waren deren fünf zu verzeichnen, wohingegen danach die Zahl rückläufig war, zwischen 1891 und 1899 sind lediglich neun mathematische Dissertationen zu verzeichnen.
Vgl. Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 84.
121.5
Vgl. Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 90.
122.1
Vgl. ebda S. 90.
Robert Haußner, ord. Prof. der Mathematik in Karlsruhe und Jena.
122.2
Josef Wellstein, 1869-1919.
Hermann Graßmann, 1857-1922.
Lorey konnte sich über beider Wirken in Gießen keine Erinnerungen beschaffen.
Vgl. ebda S. 91.
122.3
Vgl. Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 92.
Friedrich Engel, 1861-1941, Prof. in Leipzig, Greifswald und Gießen.
Ludwig Schlesinger, 1864-1933, ord. Prof. an der Univ. Klausenburg/Rumänien und Gießen.
123.1
Biermann, S. 31, spricht damit zwar direkt nur Jabbo Oltmanns an, doch läßt sich aus dem Kontext auch der Bezug zu den anderen Ordinarien der Mathematik in den Anfangsjahren der Berliner Universität erkennen.
123.2
Bei dieser Aufstellung sind nur die Lehrkräfte berücksichtigt, die auch nach 1830 noch an der Universität lehrten. Eine vollständige Auflistung aller Lehrkräfte bei Biermann, S. 343-348.
123.3
Bericht Crelles an den Minister v. Altenstein vom 11.1.1832, zitiert nach Lorey, Das Studium der Mathematik, S. 70.
Crelle war zu diesem Zeitpunkt mathematischer Fachreferent im preußischen Kultusministerium.
Hierbei soll nicht näher auf die einzelnen Ordinarien eingegangen werden, hinsichtlich Ohm wird der weitere Verlauf der Darstellung noch Näheres ergeben. Es sei bezüglich der Ära Dirksen - Ohm - Oltmanns lediglich auf die Erläuterungen bei Biermann, S. 27-33 verwiesen.
Die einzige Ausnahme bildete das kurze Gastspiel Jacobis, der sich 1825 gleichzeitig mit der Promotion in Berlin auch habilitierte. Biermann, S. 34, verweist auf das Gutachten, das Dirksen hinsichtlich Jacobis Dissertation. abgab und das nicht davon zeuge, daß er oder seine Kollegen die Bedeutung ihres Doktoranden erkannten. Jacobi hielt denn auch im WS 1825/26 zum ersten Mal an deutschen Universitäten eine differentialgeometrische Vorlesung „Über die Anwendung der höheren Analysis auf die Theorie der Oberflächen und Kurven doppelter Krümmung“, „die auf der Höhe des Wissens der Zeit stand“.
Biermann, S. 35.
124.1
Vgl. Biermann, S. 39.
Ebda zitiert Biermann auch eine Aussage Humboldts, die seine Ziele und den Weg der Berliner Universität verdeutlicht: „Berlin soll mit der Zeit die erste Sternwarte, die erste chemische Anstalt, den ersten botanischen Garten, die erste Schule für transzendente Mathematik besitzen. Das ist das Ziel meiner Bemühungen und das einigende Band meiner Anstrengungen.“
124.2
Vgl. zu den Empfehlungen Humboldts für Dirichlet, Biermann, S. 37-39.
Johann Peter Gustav (Lejeune) Dirichlet, 1805-1859, 1839-1855 ord. Prof. an der Univ. Berlin, seit 1855 an der Univ. Göttingen, erhielt seine mathematische Ausbildung in Paris und lieferte „bahnbrechende Arbeiten“ für die Mathematik und zur mathematischen Physik, wobei er an Gauß, Fourier und Laplace anknüpfte.
Vgl. „Lexikon bedeutender Mathematiker“, S. 127f.
Ein Problem, das Dirichlet seine ganze Berliner Zeit hindurch belastete, war, daß er auch an der dortigen Kriegsschule Unterricht zu erteilen hatte.
124.3
Vgl. Biermann, S. 45.
Biermann, S. 47, teilt den Vorlesungszyklus Dirichlets in drei Themenkreise ein:
1. Zahlentheorie, die Dirichlet in Deutschland einführte; 2. Grundlagen der Analysis; und 3. Mathematische Physik.
124.4
So einer seiner Schüler, Karl Emil Gruhl, in seinen Studienerinnerungen, die Gert Schubring publiziert hat.
Gert Schubring: Die Erinnerungen von Karl Emil Gruhl (1833 - 1917) an sein Studium der Mathematik und Physik in Berlin (1853 - 1856). In: Jahrbuch Überblicke Mathematik. Hrsg. von Detlef Laugwitz u.a. Mannheim - Wien - Zürich 1985 (= Mathematical Surveys Vol. 18, 1985). S. 143-173.
Hier S. 153-154.
Zu Dirichlets Hörern zählten auch Eisenstein, Kronecker und Riemann.
125.1
Vgl. Biermann, S. 46.
125.2
Vgl. Biermann, S. 43.
Dies war bei Kroneckers Promotion 1845 der Fall. Nachdem er die Forderungen der Fakultät 1851 erfüllt hatte, war Dirichlet noch zweimal Erst- und dreimal Zweitgutachter bei Promotionen, unter anderen bei Rudolf Lipschitz.
Vgl. Biermann, S. 49f.
125.3
Vgl. Biermann, S. 49f.
1846 soll Dirichlet einen Ruf nach Heidelberg abgelehnt haben, wovon die Heidelberger Akten keine Auskunft geben. Schon damals erkannte die Berliner Fakultät, daß ein Weggang Dirichlets ein „unersetzlicher Verlust“ bedeuten würde.
Vgl. Biermann, S. 51.
125.4
Jakob Steiner, 1796-1863, hörte vom WS 1819/20 bis zum WS 1820/21 auch Vorlesungen bei Schweins in Heidelberg.
Vgl. Cantor, Ferdinand Schweins und Otto Hesse, S. 228.
Biermann, S. 58, nennt Steiners Hauptvorlesungen: „Erläuterungen der neuesten Methoden der synthetischen Geometrie nebst Anwendung derselben auf vielerlei Aufgaben, hauptsächlich nach seinem Buche ,Systematische Entwicklung der Abhängigkeit geometrischer Gestalten voneinander' “, „Die wesentlichsten Eigenschaften der Kegelschnitte und einiger anderer Kurven, synthetisch und elementarisch entwickelt“ sowie „Die Eigenschaften des Maximums und Minimums bei den Figuren in der Ebene, auf der Kugel und im Raume, synthetisch entwickelt“.
Dabei scheint Steiner der Analysis nur Geringschätzung entgegengebracht zu haben.
Vgl. Biermann, S. 55f.
Biermann, S. 59, weist ebenso daraufhin, daß zu dieser Zeit noch keine Koordinierung zwischen den Vorlesungsthemen der einzelnen Dozenten bestand, wofür er jedoch die „nach außen immer noch maßgeblichen Männer, Dirksen und Ohm“ verantwortlich macht.
126.1
So Biermann, S. 53, wobei er dafür zuerst die umfangreichen Publikationen Mindings allein bis zu seinem Ausscheiden 1843 aufführt. Diese waren u.a. differentialgeometrischen Inhalts, beschäftigten sich mit Variationsrechnung und Statik und behandelten Abelsche Funktionen und Abelsche Integrale. Dabei wählte er „mit Takt Probleme von echter Bedeutung“ aus und behandelte sie mit Methoden, die „denen Dirichlets und Kummers in etwa verwandt sind“.
126.2
Biermann, S. 53.
126.3
Vgl. Biermann, S. 61.
127.1
G. Lejeune Dirichlet: Gedächtnisrede auf Carl Gustav Jacob Jacobi. (Gehalten in der Akademie der Wissenschaften am 1. Juli 1852). In: G. Lejeune Dirichlet's Werke. Hrsg. von L. Kronecker (fortgeführt von L. Fuchs). Bd. 2, Berlin 1897. S. 225-252. (= Abhandlungen der königl. preuß. Akademie der Wissenschaften 1852, S. 1-27).
Hier S. 24Sf.
Die zehn Vorlesungen, die Jacobi in seiner Berliner Zeit hielt, beinhalteten die Theorie der elliptischen Funktionen, die Theorie der Flächen und Kurven doppelter Krümmung, Algebra, Differential- und Integralrechnung, Variationsrechnung, Zahlentheorie und analytische Mechanik. Seine Hörerzahl lag dabei im Durchschnitt bei 15 Studenten.
Vgl. Biermann, S. 61.
Auf den meisten dieser Gebiete hat Jacobi auch als Forscher die „mathematische Wissenschaft entscheidend gefördert“.
So Biermann, S. 60.
127.2
Vgl. Biermann, S. 62.
Karl Wilhelm Borchardt, 1817-1880, gab nach Crelles Tod das „Journal für die Reine und Angewandte Mathematik“ heraus.
Max Eisenstein, 1823-1852, 1852 ordentliches Mitglied der Berliner Akademie. Seine Arbeiten behandelten in erster Linie zahlentheoretische und algebraische Probleme; er las über Infinitesimalrechnung, elliptische Funktionen, analytische Mechanik, Variationsrechnung und über imaginäre Größen, wobei er durchschnittlich 9 Hörer zählen konnte.
Vgl. Biermann, S. 66.
127.3
Vgl. Biermann, S. 72.
Ferdinand Joachimsthal, 1818-1861, ord. Prof. an den Univv. Halle und Breslau. Seine Vorlesungen umfaßten vor durchschnittlich zwölf Hörern die Infinitesimalrechnung, die allgemeine Theorie der Flächen und Linien doppelter Krümmung sowie die Theorie der wichtigsten in der Mechanik und Baukunst angewandten Kurven. Joachimsthal lieferte Beiträge zur Flächentheorie und differentialgeometrische Abhandlungen.
128.1
Vgl. hierzu Biermann, S. 79.
128.2
Vgl. „Dirichlets Vorschläge für seine Nachfolge auf dem Berliner Lehrstuhl“, als Dok. 2 bei Biermann, S. 269-271, abgedruckt.
Biermann hebt dabei hervor, daß Dirichlet auch hierbei „ein Muster geschaffen“ habe, „das für alle späteren Besetzungsvorschläge von Bedeutung geblieben ist“.
Vgl. Biermann, S. 52.
Ernst Eduard Kummer, 1810-1893, ord. Prof. in Breslau, seit 1855 in Berlin.
128.3
Am Anfang seines Schaffens bildete die Analysis den Schwerpunkt, wobei Kummer mit seinen funktionentheoretischen Arbeiten zur Schaffung der komplexen Funktionentheorie beitrug. Mit seinen Arbeiten über die Zahlentheorie trug Kummer mit zum Aufbau der Theorie der algebraischen Zahlen bei. Ihm verdankt die Mathematik die „idealen Zahlen“.
Vgl. „Lexikon bedeutender Mathematiker“, S. 262f.
128.4
Biermann, S. 89.
Vor 40 bis 50 Hörern las Kummer in seiner Anfangsperiode „Theorie der elliptischen Funktionen“, „Theorie der komplexen Zahlen“, „Ausgewählte Abschnitte aus der Algebra“, „Aufgaben aus der Physik und Mechanik“ und „die Dirichletschen Methoden der Anwendung der Analysis auf die Zahlentheorie“. Nach 1864 umfaßte sein regelmäßiger zweijähriger Zyklus analytische Geometrie, Mechanik, Flächentheorie und Zahlentheorie.
128.5
Biermann, S. 90 und S. 104.
129.1
So Biermann, S. 89.
Karl Theodor Wilhelm Weierstraß, 1815-1897, 1856-1864 Prof. am Gewerbeinstitut Berlin, wobei er gleichzeitig Vorlesungen an der Universität hielt. Sein Forschungsgebiet umfaßte die reelle und komplexe Analysis, insbesondere deren Grundlagen, sowie die Theorie der elliptischen und Abelschen Funktionen, die Differentialgeometrie und die Variationsrechnung.
Vgl. auch „Lexikon bedeutender Mathematiker“, S. 483f.
129.2
Biermann, S. 90.
In seinen ersten Jahren las Weierstraß über die Formeln der analytischen Dioptrik und über die Theorie der „Weierstraßschen Funktionen“ \rho(u) und \sigma(u), wobei ihn die Vorlesungen an der Gewerbeakademie am meisten in Anspruch nahmen. Sein zu dieser Zeit noch verlegener Vortragsstil und die vielen Unterbrechungen seiner Kollegien ließen die Hörerzahl zunächst auf nur fünf absinken.
129.3
So faßt Biermann, S. 104, die Erinnerungen der Schüler von Weierstraß zusammen und zeigt damit den Grund auf, warum Weierstraß nach anfänglichen Schwierigkeiten eine immer größer werdende Zahl an Hörern aufweisen konnte.
129.4
Daneben wirkte Weierstraß wie Kummer in dem schon erwähnten mathematischen Seminar, das das erste rein mathematische Seminar in Deutschland war und sich immer mehr vom Aufgabenseminar zu einem Vortragsseminar wandelte.
Vgl. Biermann, S. 105.
129.5
Biermann, S. 85.
Leopold Kronecker, 1823-1891, promovierte 1845 bei Dirichlet, wurde 1861 Mitglied der Berliner Akademie und hatte somit das Recht, an der Universität Vorlesungen zu halten. Kronecker forschte in der Algebra, Zahlentheorie und Funktionentheorie, wo er „herausragende Ergebnisse“ erzielte.
Vgl. „Lexikon bedeutender Mathematiker“, S. 259f.
130.1
Biermann, S. 111.
Als „lesendes Akademiemitglied“ befaßten sich Kroneckers Vorlesungen hauptsächlich mit der Theorie der algebraischen Gleichungen, mit der Zahlentheorie, der Theorie der Determinanten und der Theorie der einfachen und mehrfachen Integrale.
130.2
Diese sollen hier nur namentlich genannt werden, da eine Vielzahl von ihnen später bedeutende, wenn nicht berühmte, Mathematiker wurden und ein näheres Eingehen auf die Einzelnen hier zu weit führen würde. Lorey, Das Studium der Mathematik, S. 163, weist daraufhin, daß 1876 ein zweites Extraordinariat eingerichtet wurde, um so mit zwei außerordentlichen Professuren die Grundvorlesungen sicherzustellen, gerade weil „für hohe und höchste Vorlesungen“ in Berlin gesorgt war.
130.3
Vgl. zu den einzelnen Mathematikern Biermann, S. 86-150.
Auch die Zahl der Promotionen blieb nach Biermann gegenüber anderen Universitäten unerreicht. So zählte Kummer als einziger bzw. Erstgutachter 39 Promotionen, Weierstraß 28, und dies vermutlich nur für die Jahre 1864 bis 1883.
Vgl. Biermann, S. 112.
130.4
Vgl. Biermann, S. 135.
131.1
Wenn auch mit einem Jahr Verspätung folgte doch das Ministerium den Vorschlägen der Fakultät.
Vgl. Biermann, S. 135.
Biermann, S. 141, zufolge gab Fuchs „keiner der beiden Perioden maßgeblich das Gepräge“, womit die Jahre 1855 bis 1892 bzw. 1892 bis 1917 gemeint sind. In den ersten Semestern las er „ausgesprochene Anfängervorlesungen“, danach bildeten eine Einleitung in die Theorie der Funktionen bzw. der Differentialgleichungen sowie Kollegien über lineare Differentialgleichungen, Darstellung der durch Differentialgleichungen definierten Funktionen, elliptische Funktionen, hyperelliptische Funktionen, lineare partielle Differentialgleichungen, Mechanik und andere Spezialtbemen die Inhalte seiner Vorlesungen.
Weiterhin sei auf die Heidelberger Zeit von Fuchs verwiesen, S. 32-34 dieser Arbeit.
131.2
Dabei schlug die Fakultät auch Max Noether und R. Dedekind für das Kroneckersche Ordinariat vor, für die Nachfolge von Weierstraß kamen auch Leo Koenigsberger und Heinrich Weber in Frage.
Vgl. Biermann, S. 151f. und den bei Biermann, S. 307-310, als Dokument Nr. 21 abgedruckten „Antrag der Philosophischen Fakultat an den Kultusminister Graf von Zedlitz, Schwarz und Frobenius als Nachfolger von Weierstraß und Kronecker zu berufen sowie Hensel zum Extraordinarius zu befördern“ vom 8.2.1892.
131.3
Biermann, S. 152.
132.1
Aus den Akten der Phil. Fakultät der Univ. Berlin, zitiert nach Biermann, S. 102f. Ein bemerkenswerter Wandel. Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts lag das Zentrum mathematischer Forschung und Lehre in Paris, jetzt wollten die Franzosen in Berlin studieren.
Vgl. hierzu oben, S. 1 dieser Arbeit.
Biermann, S. 85f., charakterisiert auch die bedeutendsten Lehrer Berlins: „Neben dem zurückhaltenden und gemessenen Borchardt, dem disziplinierten und pflichtbewußten Kummer, dem kritischen und tiefen Denker Weierstraß war es der temperamentvolle und vielbewegliche Kronecker, der das mathematische Leben in Berlin bestimmte und ihm Farbe gab.“
132.2
Hermann Amandus Schwarz, 1843-1921, ord. Prof. an der TH Zürich und an der Univ. Göttingen, seit 1892 an der Univ. Berlin. Seine Forschungen im Bereich der reellen und komplexen Analysis, speziell üher konforme Abbildung, sowie über die Theorie der Minimalflächen hatten zwar großen Erfolg, doch sollen sie nach Biermann, S. 153, schon vor seiner Berliner Zeit gelegen haben.
132.3
So Georg Hamel, Zum Gedächtnis an Hermann Amandus Schwarz. In: Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. Hrsg. von L. Bieberbach - A. Gutzmer. Bd. 32, 1923. S. 6-13.
Hier S. 8 und S. 11.
Zu den Anfängervorlesungen zählten Differential- und Integralrechnung, analytische Geometrie, Theorie der analytischen Funktionen, Theorie der elliptischen Funktionen und Variationsrechnung. Zu den spezielleren Themen zählten auch seine Forschungsgebiete und differentialgeometrische Vorlesungen über Minimalflächen.
Vgl. Biermann, S. 157.
132.4
Georg Ferdinand Frobenius, 1849-1917, ord. Prof. in Zürich. Sein wesentliches Forschungsgebiet war die Gruppentheorie, für die er „Beiträge von bleibendem Wert“ lieferte.
Vgl. zur Einschätzung Frobenius als Forscher, Biermann, S. 156.
133.1
Zitiert bei Biermann, S. 156 und Lorey, Das Studium der Mathematik, S. 33Sf.
133.2
Biermann, S. 156.
Biermann führt hierzu an, daß die Zahl der Promotionen und der Habilitationen in Berlin rückläufig war, obwohl die Studentenzahlen insgesamt stiegen.
133.3
Friedrich Hermann Schottky, 1851-1935, ord. Prof. in Zürich und Marburg, von 1902-1922 in Berlin. Am meisten von Weierstraß beeinflußt, befaßte er sich mit der Theorie der automorphen Funktionen, den Abelschen Funktionen und deren Anwendung auf Geometrie und Mechanik.
Vgl. Biermann, S. 171, und „Lexikon bedeutender Mathematiker“, S. 417f.
133.4
Nach den Akten der Phil. Fakultät der Univ. Berlin, zitiert nach Biermann, S. 170.
Im Speziellen umfaßten die Vorlesungen folgende Themen: allgemeine und spezielle Funktionentheorie, Potentialtheorie der Ebene und des Raumes, Theorie der krummen Linien und Flächen. Hinzu kamen die bei seiner Berufung geforderten Themen. Wie Biermann, S. 171, anmerkt, hatte Schottky fast keine Anfängervorlesungen zu halten.
133.5
Von diesen sind vor allem Edmund Landau und Issai Schur hervorzuheben.
Edmund Landau, 1877-1938, 1909 Nachfolger Minkowskis auf der ord. Professur in Göttingen, der damaligen Hochburg der Mathematik. Er forschte vor allem auf dem Gebiet der analytischen Zahlentheorie und der Funktionentheorie.
Vgl. „Lexikon bedeutender Mathematiker“, S. 272.
Issai Schur, 1875-1941, 1919 ord. Prof. in Berlin. Neben Bereichen der Zahlentheorie forschte er vor allem über die Gruppentheorie.
Vgl. ebda S. 420f.
133.6
Ähnlich sah es im Bereich der Promotionen aus. Von 1862 bis 1874 wurden nach Biermann, S. 171, 30 Mathematiker promoviert, in den Jahren von 1902 bis 1917 berichtet er von 12 Promotionen.
134.1
So bezeichnet Biermann, S. 155, diese Zeit der Berliner Mathematik.
134.2
So charakterisiert Biermann, S. 184, diese Ara.
134.3
Biermann, S. 156.
134.4
Dies zeigt sich auch daran, daß Hilbert 1902 einen Ruf nach Berlin als Nachfolger des verstorbenen Fuchs ablehnte, ebenso einen Ruf auf das Ersatzordinariat für Schwarz 1916.
Vgl. die bei Biermann, S. 310-313 und S. 324-327 abgedruckten Dokumente Nr. 22, „Antrag der Philosophischen Fakultät an den Kultusminister von Studt, Hilbert zum Nachfolger von Fuchs zu berufen“ vom 7.6.1902, und Nr. 27, „Antrag der Philosophischen Fakultät an den Kultusminister von Trott, ein viertes Ordinariat zu errichten und Hilbert zu berufen“ vom 22.6.1914.
Hilbert blieb bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1930 der Universität Göttingen treu.
Schon um die Mitte des 19. Jahrhunderts war Göttingen eine der führenden Universitäten Deutschlands in der Mathematik, als dort nacheinander Carl Friedrich Gauß, J. P. G. Lejeune Dirichlet und Bernhard G. F. Riemann lehrten und forschten.
Carl Friedrich Gauß, 1777-1855, Mathematiker, Astronon, Geodät, Physiker.
Bernhard Riemann, 1826-1866, seit 1859 Prof. f. Mathematik in Göttingen.
135.1
Vgl. Kap. V.1.1, S. 116-117 dieser Arbeit.
135.2
vgl. Kap. II.1.2, S. 6-12 dieser Arbeit.
135.3
Dies zeigt sich für die Universität Heidelberg in den Jahren 1848 und 1853-1855, als zunächst ein außerordentlicher Professor, dann ein Nominalprofessor berufen werden sollte und Schweins sich hierin mit allen Mitteln durchzusetzen suchte.
Vgl. Kap. II.1.3, S. 12-20 dieser Arbeit.
Erst mit der Gründung mathematischer Seminare und der Einführung eines verpflichtenden Lehrplans konnte dieser Umstand etwas abgeschwächt werden, weit mehr noch war dann die Gründung eines weiteren Ordinariates bedeutsam.
135.4
Für Berlin muß dabei festgehalten werden, daß die beiden planmäßigen Extraordinariate noch nicht aufgestockt wurden, daß aber ein häufiger Wechsel ihrer Inhaber stattfand.
Vgl. auch S. 130 dieser Arbeit.
Der häufige Wechsel der Extraordinarien ist auf Berufungen an andere Hochschulen zurückzuführen und deutet auf das hohe Ansehen hin, das die Universität Berlin zu dieser Zeit hatte.
136.1
Für Heidelberg sei hierzu auf den Anhang 1, S. 146-158 verwiesen.
Anzumerken ist auch, daß an der Heidelberger Hochschule eine außerordentliche Professur zu dieser Zeit nur den Titel beinhaltete, während in Berlin zwei, in Gießen ein planmäßiges Extraordinariat damit verbunden waren. Die Errichtung einer zweiten etatmäßig besoldeten Stelle gelang in Heidelberg bekanntlich erst im Jahr 1905.
Vgl. S. 43 dieser Arbeit.
136.2
In Heidelberg setzt dieser Prozeß schon mit dem Ausscheiden Hesses ein: während in seiner 12-jährigen Amtszeit vier Habilitationen zu verzeichnen sind, waren es in den kommenden 45 Jahren unter Fuchs und Königsberger gerade acht.
136.3
Die Angaben für Berlin sind der Zusammenstellung der Habilitationen bei Biermann, S. 363-368, zu entnehmen.
136.4
Bei einer Gegenüberstellung der einzelnen Abschnitte über den gesammten Untersuchungszeitraum läßt sich feststellen, daß den drei Habilitationen unter Schweins in Heidelberg zur selben Zeit auch nur fünf in Berlin gegenüberstanden, in den dreißig Jahren bis 1884 waren es in Heidelberg acht, in Berlin nur sieben Habilitationen, und schließlich habilitierten sich bis zum Beginn des Ersten Weltkrieg in Heidelberg vier, in Berlin sieben Mathematiker.
Vgl. nochmals Biermann, S. 363-368, und Anhang I., S. 146-158 dieser Arbeit.
136.5
Bis 1856 wurden in Berlin 25, in den folgenden Jahren bis 1884 siebzig und dann bis 1914 42 Studenten promoviert, in Heidelberg erlangten in den selben Zeiträumen nur fünf, 36 und 31 Bewerber den Doktorgrad.
Vgl. die Aufstellung der Promotionen in Berlin bei Biermann, S. 348-362, für Heidelberg den Anhang II., S. 159-167 dieser Arbeit.
Für Gießen lassen sich vergleichbare Zahlen nicht finden, Lorey, Das Studium der Mathematik, S. 393, gibt nur eine Statistik für die in den Jahren 1893 bis 1910 erschienen mathematischen Doktordissertationen; demnach sind in Gießen 22, in Heidelberg nur neun Doktorarbeiten zu verzeichnen. In dieser Hinsicht waren die Universitäten in Göttingen und Straßburg führend in ganz Deutschland mit siebzig bzw. 52 Promotionen.
137.1
Zumindest die Errichtung eines mathematischen Seminars 1869 erfolgte in Heidelberg ungefähr zeitgleich mit den meisten anderen deutschen Universitäten: Berlin 1864, Bonn 1866, Breslau 1870, Greifswald 1872, Gießen 1863, Tübingen 1869; dagegen wurden das Freiburger Seminar schon 1846 und das Göttinger bereits im Jahr 1850 errichtet.
Vgl. Lorey, Das Studium der Mathematik, S. 111-126.
137.2
Vgl. S. 118 dieser Arbeit.
137.3
Vgl. zu Hesse S. 21, zu Königsberger S. 26 und zu Fuchs S. 32 dieser Arbeit.
137.4
Hinzuzurechnen ist noch Max Noether, der sich unter Königsberger habilitierte.
Einen Beleg für die Bedeutung Noethers und Webers liefert der bei Biermann, S. 307-310, als Dok. 21 abgedruckte „Antrag der Philosophischen Fakultät an den Kultusminister Graf von Zedlitz, Schwarz und Frobenius als Nachfolger von Weierstraß und Kronecker zu berufen (...)“ vom 8.2.1892. Demnach wurden neben Lipschitz, Schwarz, Frobenius und Dedekind auch Königsberger, Weber und Noether in Vorschlag gebracht.
Die Bekanntheit läßt sich auch daraus ableiten, daß diese Mathematiker noch heute in wichtigen Nachschlagewerken wie „Dictionary of Scientific Bioqraphy“, „Allgemeine Deutsche Biographie“, „Neue deutsche Biographie“ und „Lexikon bedeutender Mathematiker“ verzeichnet sind.
138.1
Darauf wurde schon oben, FN 4, S. 134 dieser Arbeit hingewiesen.
138.2
Vgl. das Zitat Humboldts, FN. 1, S. 124 dieser Arbeit.
138.3
Zum Bemühen, „Berlin auch geistig zur Hauptstadt des neuen Reiches zu machen“, vgl. Wolgast, S. 107.
Einen ähnlichen Weg sollte die Universität in Straßburg einschlagen, die 1872 als „Kaiserlich Deutsche Universität“ gegründet worden war und die mit dazu beitragen sollte, die Zugehörigkeit des neuen Reichsteiles Elsaß-Lothringen zum Reich zu manifestieren.
Vgl. zur Mathematik an der Universität Straßburg: Friedrich R. Wollmershäuser, Das mathematische Seminar der Universität Straßburg 1872 - 1900. In: Elwin Bruno Christoffel: The Influence of his work on Mathematics and Physical Sciences. Hrsg. von Paul L. Butzer - F. Fehér. Basel - Boston - Stuttgart 1981. S. 52-70.
Ein Hemmfaktor für die Entwicklung der Mathematik in Berlin war dabei die doppelte Belastung verschiedener Dozenten in Berlin durch ihre weiteren Aufgaben an der Kriegsakademie.
Vgl. zu den Schwierigkeiten, die Dirichlet in Berlin zu bewältigen hatte, Biermann, S. 42, und zu den Anstellungsproblemen von Weierstraß, der als Akademiemitglied nur das Recht haben sollte, an der Universität Vorlesungen zu halten, ebda S. 82-84.
138.4
Vgl. Wolgast, S. 113.
Zum Problem, verstärkt elementare Mathematik — insbesondere Geometrie — zu lehren, vgl. auch S. 39-40 dieser Arbeit, als Königsberger mit dem Ministerium diesbezüglich in Auseinandersetzung geriet. Noch deutlicher wird das Problem während des Ordinariates Hesse, vgl. S. 23-24 dieser Arbeit.
Auch das „Statut für das mathematisch-physikalische Seminar in Heidelberg“ von 1869 hob hervor, daß die Studenten „zu selbständigen und wissenschaftlichen Arbeiten anzuleiten“ und „im Vortrage, sowie in der schulmäßigen Behandlung wissenschaftlicher Gegenstände“ auszubilden seien.
139.1
In Gießen wurde 1868 eine Prüfungsordnung für Lehramtskandidaten erlassen, doch schon im Jahr 1843 „erschien ein amtlicher Studienplan, der für alle Fakultäten unter anden auch reine Mathematik als verbindlich erklärte“ und für die „Kandidaten des Gymnasiallehramtes aus dem mathematischen Gesichtspunkt“ bestimmte Vorlesungen vorsah.
Vgl. Lorey, Die Mathematik an der Universität Gießen, S. 69.
139.2
Ähnlich argumentieren Christoph J. Scriba und Bertram Maurer, Sie sehen einen Hauptgrund für die „verstärkte Hinwendung der Mathematik zur Praxis“ in der „Herausforderung durch die stürmische Entwicklung der amerikanischen Industrie“. Desweiteren wirkte auch die „Beschleunigung der industriellen Entwicklung in Deutschland nach der Reichsgründung“ fördernd auf die angewandte Mathematik ein, da sie „den Bedarf an Fachkräften und Forschungsergebnissen stark anwachsen ließ“.
Christoph J. Scriba - Bertram Maurer: Technik und Mathematik. In: Technik und Wissenschaft. Hrsg. von Armin Hermann und Charlotte Schönbeck. (= Technik und Kultur. Bd. 3) Düsseldorf 1991. S. 31-76.
Hier S. 66.

  Fortsetzung der Anmerkungen


Zur Inhaltsübersicht:   Historia Mathematica     Heidelberger Texte zur Mathematikgeschichte     Die Entwicklung des Faches Mathematik …