64. Friedrich-Ebert-Anlage 7
Hermann von Helmholtz

Hermann Helmholtz 1862
Foto: Universitätsarchiv Heidelberg, Scan-ID 1498

Univ.-Platz — Bismarckplatz

Hermann von Helmholtz (1821-1894) lebte von 1858 bis zur Fertigstellung des neuen Naturwissenschaftlichen Instituts 1863 im Haus Friedrich-Ebert-Anlage 7.


Der Physiologe, Physiker und Mathematiker hatte in Berlin Medizin studiert und wurde 1849 als Professor für Physiologie und Pathologie nach Königsberg berufen. Hier erfand er 1850 den Augenspiegel, der die Betrachtung des Augeninneren gestatttet und ihn berühmt machte.

1855 wechselte er mit Rücksicht auf die Gesundheit seiner Frau Olga (* 1826), die an Tuberkulose erkrankt war und das rauhe Klima in Königsberg nicht vertrug, nach Bonn. Die Verhältnisse in Bonn waren Helmholtz bald verleidet; insbesondere der dringend erforderliche Neubau des anatomischen und physiologischen Instituts wurde nicht in Angriff genommen.

1857 wurde in Heidelberg der bis dahin gemeinsame Lehrstuhl für Anatomie und Physiologie getrennt. Robert Bunsen wurde aufgefordert, einen geeigneten Kandidaten für die Physiologie vorzuschlagen. Er votierte für Hermann Helmholtz und Universität und Ministerium folgten seinem Vorschlag.

Nach einigem Zögern willigte Helmholtz ein. Er forderte und bekam ein Gehalt von 3600 Gulden jährlich — Bunsen erhielt 2400 Gulden nebst Dienstwohnung — und die Zusage eines Institutsneubaus in Heidelberg.

Leo Koenigsberger schreibt in seiner Helmholtz-Biographie

So nahm nun Helmholtz den Ruf nach Heidelberg an; am 27. Februar 1858 schreibt ihm Kirchhoff: „Ganz Heidelberg jubelt darüber, dass Sie herkommen, und ich hoffe sicher, dass auch Sie Sich hier behagen werden“; und Bunsen meldet am 28. Februar: „Eine recht arge Verbrennung der rechten Hand lässt mich nur mit Mühe die Feder führen, so dass ich Ihnen nur mit zwei Worten sagen kann, wie sehr wir uns alle freuen, dass Sie kommen.“
Anfang September 1858 bezog Hermann Helmholtz mit seiner Frau Olga und den Kindern Richard (1852-1934), der später ein bedeutender Lokomotivingenieur wurde, und Käthe (1850-1877) die Wohnung in der Leopoldstraße (jetzt: Friedrich-Ebert-Anlage).

Bereits Anfang September des Folgejahres infizierte sich seine Frau mit einem „catarrhalischem Fieber“ und starb nach wochenlangem Leiden am 28. Dezember 1859, letztendlich erstickt an einem Schleimpropfen, den sie nicht abhusten konnte.
Seine Schwiegermutter Julie von Velten kam zur Pflege ihrer Tochter nach Heidelberg und blieb zunächst bei ihm, um für seine beiden Kinder zu sorgen.

In Heidelberg forschte Helmholtz in den ersten Jahren vorwiegend im Gebiet der Akustik und Optik. In den Sommersemestern las er „Physiologie des Menschen“ und im Winter „Physiologie der Sinnesorgane“, dazu kamen noch Übungen und Praktika; insgesamt ca. 15-18 Wochenstunden.

Sein Vorlesungserfolg wurde recht unterschiedlich beurteilt. Der Heidelberger Arzt Adolf Kussmaul konstatiert, dass Helmholtz Vortragsqualität vom Stoff abhing. Sprach er über aktuelle Forschungen „so wurde man von seinem Vortrage hingerissen, die Darstellung war entzückend klar und von Versuchen trefflich unterstützt.“ Dagegen ließen Standardthemen nur ein Gefühl des Mitleids beim Zuhörer zurück. (Vgl. Kussmaul, Adolf: Ein Dreigestirn großer Naturforscher an der Heidelberger Universität im 19. Jahrhundert.
In: Deutsche Revue. 27 (1902), S. 35-45 und 173)

Noch deutlichere Worte findet sein späterer Assistent Max Planck: „Allerdings muß ich gestehen, daß mir die Vorlesungen keinen merklichen Gewinn brachten. Helmholtz hatte sich offenbar nie richtig vorbereitet, er sprach immer nur stockend, wobei er in einem kleinen Notizbuch sich die nötigen Daten heraussuchte, außerdem verrechnete er sich beständig an der Tafel, und wir hatten das Gefühl, daß er sich selber bei diesem Vortrag mindestens ebenso langweilte wie wir.“ (Siehe Planck, Max: Wissenschaftliche Selbstbiographie : mit Dokumenten zu ihrer Entstehungsgeschichte (1943-1948) / ausgew. u. erl. von Wieland Berg. 1990. S. 9)

1869 gründete Helmholtz die Heidelberger Sektion des Deutschen Alpenvereins. Er unternahm gern und oft Bergwanderungen. Diese dienten dazu, seine Gedanken zu klären, und häufig fand er beim Wandern die Lösung wissenschaftlicher Probleme. Er schilderte in der Tischrede zur Feier des 70. Geburtstages seine Erfahrungen: „Besonders gern kamen sie [die guten Einfälle], wie ich schon in Heidelberg berichtet, bei gemächlichem Steigen über waldige Berge in sonnigem Wetter. Die kleinsten Mengen alkoholischer Getränke aber scheinen sie zu verscheuchen.“

Literatur

Koenigsberger, Leo: Hermann von Helmholtz. — Braunschweig
Band 1. 1902. — XI, 375 S.
Band 2. 1902. — XIV, 383 S.
Band 3. 1903. — IX, 142 S.

Werner, Franz: Hermann Helmholtz' Heidelberger Jahre (1858-1871). — Berlin [u.a.], 1997. — XIV, 229 S.
ISBN 3-540-62602-6


Letzte Änderung: Oktober 2017     Gabriele Dörflinger   Kontakt

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