Ludwig Otto Hesse
von Jakob Lüroth
Aus: Badische Biographien. - 1. Teil (1875), S. 366-367
Moderne Rechtschreibung: Gabriele Dörflinger / 5.3.2010
Ludwig Otto Hesse,
geboren am 22. April 1811 zu Königsberg in Preußen, erhielt seine
mathematische Ausbildung auf der Universität seiner Vaterstadt, an welcher damals
in Mathematik Jacobi, in Astronomie Bessel tätig waren. Nachdem er eine
Zeit lang als Privatdozent daselbst gewirkt hatte, wurde er 1840 außerordentlicher
Professor. Erst 1856 gelang es ihm, ordentlicher Professor zu werden,
als er nach Halle berufen wurde. Dort blieb er nur kurze Zeit; schon 1857
siedelte er nach Heidelberg über, wo er bis 1868 blieb. In diesem Jahre
folgte er einer Berufung an das neuorganisierte Polytechnicum zu München,
an dem er bis zu seinem Tode tätig war, der am 4. August 1874 erfolgte.
Von 1838 an hat Hesse eine Reihe von Arbeiten publiziert, in welchen er fast
nur analytisch-geometrische Fragen über Flächen zweiter Ordnung und Kurven
dritter und vierter Ordnung behandelt. Er war der erste, der das Studium
der letzteren Gebilde begann, von welchen er eine Reihe interessanter Eigenschaften
nachwies. Als Hilfsmittel diente ihm dabei neben den homogenen
Koordinaten hauptsächlich die Determinantentheorie. Eine Determinantenform
insbesondere kehrt immer wieder und hat deshalb zur Anerkennung dessen, was
Hesse mit diesem Hilfsmittel leistete, den Namen Hesse'sche Determinante erhalten.
Aus seinen Arbeiten erwuchsen sowohl die weitergehenden Untersuchungen Clebschs
(der Hesses Schüler war), als auch die neue Disziplin der Invariantentheorie.
Außer diesen analytisch-geometrischen Untersuchungen veröffentlichte Hesse noch
einige Aufsätze, die rein analytische Fragen behandeln, auf die er bei jenen
gekommen war. Allen seinen Arbeiten gemein ist die formale Vollendung und
Eleganz der Behandlung, die stets mit einem Minimum von Rechnung das
Ziel zu erreichen versteht. — In derselben Richtung meisterhaft durchgeführt
waren seine Vorlesungen über analytische Geometrie der Ebene und des Raumes.
Die über Raumgeometrie veröffentlichte er 1861 (zweite Auflage 1869); 1865
ließ er einen Abriß der „analytischen Geometrie des Punktes, der Geraden
und des Kreises in der Ebene“ folgen (zweite Auflage 1874). Beide Bücher
haben viel dazu beigetragen, den Sinn für Eleganz der Behandlungsweise in
Deutschland zu fördern. — Außer den obigen publizierte er noch kleinere Schriften
über die Homographie, über Determinanten und über die vier Spezies. —
In seinen Vorlesungen gab Hesse nicht viel, aber was er gab, war gut durchgearbeitet
und anregend, so dass es ein Vergnügen war, ihm zuzuhören.
J. Lüroth
Moderne Rechtschreibung: 05.03.2010 Gabriele Dörflinger
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