Heidelberg:
Friedrich-Ebert-Anlage 4

erbaut 1850/51
Neubau 1860
Architekt: Wilhelm Waag (?)
In den ehemaligen Kastaniengärten entsteht das Wohn- und Bürogebäude eines großherzoglichen Bauinspektors. Das Haus liegt unmittelbar neben dem neuen Schloßbergtunnel, durch den in dieser Zeit auch der Orient-Express fährt. Teil der Außenanlage ist die auffällige Eisen-/Glaskonstruktion des Pavillons direkt über der Einfahrt des heutigen Straßentunnels. 1877 erhöht der neue Besitzer Bankier Wilhelm Köster das Gebäude um ein Mezzaningeschoß. Dabei fügt er auf der Südseite einen Belvedere-Turm nach toskanischem Vorbild hinzu. Nach 1895 erwirbt der Erfinder und Fabrikant Wilhelm Henning das Anwesen. Nach dessen Gattin Caroline trägt es den Namen Villa Lina. Henning läßt 1897 und 1910 (von Henkenhaf & Ebert) eine Reihe baulicher Veränderungen vornehmen. Auch eine Garage wird errichtet, denn der Erfinder besitzt bereits ein Automobil. Seit 1968 ist das Gebäude an die Schiller International University vermietet. Sie gibt der Villa ihren heutigen Namen (Villa Manesse).

Quelle: Müller, Bernd: Architekturführer Heidelberg : Bauten um 1000 - 2000. - Mannheim (1998), S. 109 (Nr. 103)

Haus-Nr.  Hausbesitzer

Leopoldstraße
A 83 1/2 1852       Dr. Wilhelmy
         1854       Hasse, E[wald], Geheimer Hofrath

Pariser Weg
      6  1856       Hasse E., Hofrath Dr.
      4  1858-1859  Oppenheim Ernst Jul., Banquier

Leopoldstraße
                    Villa Manesse
      4  1860-1863  Großh. Baudirectionsgebäude
         1865-1891  Köster Wilhelm, Banquier (1872 u. Consul)
         1892-1898  Toepke G., Dr. jur. et phil.
         1899-1922  Henning Wilhelm, Privatmann
         1924       Paßmann Irmgard Frau, Priv.
         1926-1942  Paßmann Herm., Großkaufmann
         1943-1967  Paßmann Irmgard Wtw.
         1969-1971  Passmann Irmgard Erben
         1973-      Stadt Heidelberg

Der Bauherr des ersten Hauses — von dem keine Abbildung überliefert ist, der Apotheker Ludwig Wilhelmy (1812-1864), lehrte von 1849 bis 1854 als Privat-Dozent Physik an der Heidelberger Universität. Vom WS 50/51 bis zum WS 52/53 bot er Vorlesungen über Wärmelehre, Meteorologie, Elektrizitätslehre und die Physik der Erde an. Dem Heidelberger Adressbuch von 1850 ist zu entnehmen, dass er vor dem Bau seines Hauses in der Steingasse wohnte.

Er ist nicht verwandt mit dem langjährigen Direktor des Heidelberger Lyzeums Heinrich Friedrich Wilhelmi (1786-1860).

In den Adressbüchern der Universität ist sowohl für Ludwig Wilhelmy als auch für Karl Ewald Hasse nicht die Nr. 83 1/2 sondern die Nr. 84 angegeben, die der heutigen Nr. 6 entspricht und damals Jakob Friedrich Werner gehörte.


Der Pavillon über dem Tunneleingang
Der Jurist Gustav Toepke (1841-1899) zog sich bereits 1871 aus gesundheitlichen Gründen ins Privatleben zurück und widmete sich historischen Studien. Zum 500-jährigen Heidelberger Universitätsjubiläum 1886 übernahm er die Bearbeitung und Herausgabe der Matrikel von 1386 bis 1870. Diese sind inzwischen digitalisiert verfügbar.



Redaktion:   Gabriele Dörflinger   Juni 2018

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