Hermann Schapira

S. 249-250 aus:
Kohut, Adolph: Berühmte israelitische Männer und Frauen. - Leipzig
Bd. 2. ([1900]),
UB-Signatur: F 2906::2

Einer der merkwürdigsten und eigenartigsten Mathematiker aller Zeiten war der 1840 in Erswilken bei Tauroggen, einer kleinen Stadt des russischen Littauens, geborene und als Professor der Mathematik an der Heidelberger Universität in Köln am 8. Mai 1898 gestorbene Hermann Schapiro [sic]. Schon mit 20 Jahren bekleidete er als tüchtiger Hebraist ein Rabbinat, doch, von einem unbezähmbaren Drang nach europäischer Bildung erfasst, begann er unter den unsäglichsten Entbehrungen, zuerst als Tagelöhner, dann als Angestellter eines Handlungshauses in Odessa, die spärlichen Mittel zum Studium sich zu erwerben. Nun fing ein zehnjähriges Wanderleben an, in London, Berlin, Heidelberg, wo er sich den mathematischen Doktor holte, dann wieder in Odessa und schliesslich aufs Neue in Heidelberg, wo er sich habilitirte. Wenige Jahre darauf, 1887, erfolgte seine Ernennung zum Mathematikprofessor. Die wissenschaftlichen Arbeiten dieses ausgezeichneten Gelehrten gelten vornehmlich der Funktionstheorie, über die er wichtige Schriften veröffentlicht hat. Seine ausgedehnte Kenntniss jüdischer Wissenschaft verwerthete er zur Herausgabe des jüdischen Buches: ,,Lehre von den Massen'' (Mischnath Hamidoth) nach der hebräischen Handschrift der Münchener Bibliothek.

Hermann Schapiro war auch ein eifriger Zionist, der in zionistischen Volksversammlungen in Berlin, Frankfurt a. M. und Köln mit grossem Eifer dieser Sache das Wort redete. In der letzten rheinischen Stadt ereilte ihn auch anlässlich einer zionistischen Versammlung der Tod.


Redaktion:   Gabriele Dörflinger

Zur Inhaltsübersicht      Historia Mathematica Heidelbergensis      Homo Heidelbergensis