> | Brief von Gustav Robert Kirchhoff an Hermann von Helmholtz |
Heidelberg, den 17. November 1874
Verehrter Freund!
Ich danke Ihnen herzlich für den Gruß, den Sie mir geschickt haben. Ihre Mitteilung, die an sich schon mich sehr erfreut hat, war auch deßhalb mir sehr interessant, weil sie mich schließen ließ, daß das Berliner Ministerium meiner Berufung günstig gesinnt ist, und daß die Verwirklichung dieser große Wahrscheinlichkeit für sich hat.
Ihren Auftrag bei Jung (dessen Brief ich wieder beilege) habe ich so ausgeführt, daß ich ihn angewiesen habe, die Nadel an einem Wollaston'schen Platindrahte aufzuhängen. Diese Aufhängungsart bildete gerade das Wesentlichste bei dem Instrumente, das ich bei Jung habe machen lassen. Ich wollte durch sie die Schwefelsäure vermeiden, in die Thomson einen an der Nadel befestigten Draht tauchen läßt, um die Elektricität dieser zuzuführen, da ich Störungen bemerkt hatte, die nur von der Bewegung dieser Schwefelsäure herrühren konnten.
In diesen Tagen habe ich Ihre Frau Tochter besucht und über ihr verhältnismäßig gesundes Aussehen mich sehr gefreut. Ihr Enkelchen habe ich dabei auch kennen gelernt und muß in das Loblied einstimmen, das über dieses von Jedermann gesungen wird.
Mit vielen Empfehlungen an
Ihre Frau Gemahlin
Ihr
G. Kirchhoff
AAW [Archiv der Akademie der Wissenschaften, Berlin], Nachlaß HELMHOLTZ; Ausfertigung hsl. eigenhändig.
Seite 100 aus:
Physiker über Physiker / bearb. von Christa Kirsten ...
Bd. 2. Antrittsreden, Erwiderungen bei der Aufnahme von
Physikern in die Berliner Akademie, Gedächtnisreden. -
Berlin, 1979
Signatur UB Heidelberg: 75 K 558::2
Anmerkungen:
Rudolf Jung (1845-1900) kam um 1870 aus Württemberg nach Heidelberg und arbeitete zunächst beim (Universitäts-)Mechaniker Peter Desaga. 1872 machte er sich selbständig und betrieb seine Werkstatt für wissenschaftliche Instrumente mit großem Erfolg.
Bei der Helmholtz-Tochter handelt es sich um die älteste Tochter Käthe (*1850), die bereits 1877 an Tuberkulose starb. Das Enkelkind ist ihre Tochter Edith (*1873, † nach 1945). Der Ehemann Käthes, Wilhelm von Branca (1844-1928), heiratete 1881 Kirchhoffs Tochter Pauline (1860-1932). Kirchhoff wurde somit der Stiefgroßvater der Helmholtz-Enkelin.
Redaktion: Gabriele Dörflinger
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