Mein Leben / Leo Koenigsberger

Leonard Jacobi

Jacobi, Simon Leonard / A. Teichmann

aus: Biographisches Jahrbuch und deutscher Nekrolog / hrsg. von Anton Bettelmann. - Berlin. - 5 (1903), S. 241-242

UB Heidelberg: IZA Biog-C-DE 008


Jacobi, Simon Leonard, Professor der Rechte und Justizrat in Berlin, * am 17. September 1832 zu Königsberg, † am 17. April 1900 zu Charlottenburg bei Berlin. — Er war ein Sohn des berühmten Mathematikers K. G. J. Jacobi, das älteste von acht Geschwistern. Als der Vater am 18. Februar 1851, erst 46 Jahre alt, plötzlich zu Berlin an den Pocken verstarb (1904 soll in Königsberg eine 100jährige Gedenkfeier stattfinden), stand der Sohn gerade vor seinem Abiturientenexamen und konnte bei den durch fremde Schuld herbeigeführten ungünstigen Vermögensverhältnissen der Eltern sich nur durch Eintreten von Freunden seines Vaters für ihn, unter großen Ent- behrungen dem, juristischen Studium in Berlin widmen. Er promovierte am 11. Juli 1854 zum Doktor beider Rechte mit der Dissertation »Criininis falsi quaenam fuerit indoles in jure communi«, bestand 1856 das Referendar- und 1859 das Assessorexamen. Inzwischen hatte er sich auch am 28. Februar 1859 an der juristischen Fakultät mit einer Arbeit über die Bereicherung (vgl. Jherings Jahrbb. IV 159-320, dazu Schletters Jahrbb. VIII 208ff.) als Privatdozent habilitiert, mußte jedoch aus finanziellen Gründen sehr bald auf diese Stellung verzichten. Er erhielt gegen karge Diäten die kommissarische Vertretung einer Richterstelle in Rummelsburg (Hinterpommern) übertragen, wurde dort bald zum Kreisrichter befördert und 1862 Rechtsanwalt in Sömmerda bei Erfurt. Bei seiner vorwiegend theoretischen Veranlagung konnte ihm inmitten einer ihm nicht sympathischen Landbevölkerung der Anwaltsberuf keine große Befriedigung gewähren. Als das glücklichste Ereignis jener Zeit betrachtete er zeitlebens seine am 15. Oktober 1867 mit der aus St. Petersburg stammenden Engländerin Lucie Smith geschlossene eheliche Verbindung, die ihm bei dem edlen, hingebenden Charakter der Gattin eine Quelle reichsten Genusses wurde. 1869 wurde er nach Beeskow und 1874 endlich nach Berlin als Rechtsanwalt versetzt, wo er eine umfangreiche Zivil- und namentlich auch ausgedehnte Verteidigerpraxis gewann. Doch strengte ihn namentlich die letztere nervös sehr an, sodaß er allmählich diese Praxis aufgab. Durch Verbindung mit einem jüngeren Anwalt konnte er, nunmehr mit reichen praktischen Erfahrungen ausgestattet, seiner Neigung folgen und sich wieder dem Lehrfache an der juristischen Fakultät zu Berlin als Privatdozent (1883) widmen. Schon 1861 hatte er eine beifällig aufgenommene größere Monographie »Die Lehre von der nützlichen Verwendung im Zusammenhange mit den individuellen Gestaltungen der aequitas nach dem Allg. Preuß. Landrechte kritisch und systematisch dargestellt«, Jena 1861 veröffentlicht und diese schriftstellerische Tätigkeit auch später eifrig fortgesetzt, namentlich auch durch Gutachten (z. B. in den Schriften des Vereins für Sozialpolitik, Bd. 2, Leipzig 1873) und Vortrage in Vereinen juristisch sich mannigfach betätigt. So schrieb er »Die Gewerbe-Gesetzgebung im Deutschen Reiche«, Berlin 1874; »Der Gewerbe-Betrieb im Umherziehen«, ebenda 1879; »Die Fabrik- Gesetzgebung des Deutschen Reiches«, ebenda 1879; »Die Innungen nach dem RG. v. 18. Juli 1881«, ebenda 1882. In kriminalistischen Kreisen fanden Beachtung »Der Rechtsschutz irn deutschen Strafverfahren«, ebenda 1883, und »Wahrheitsermittelung im Strafverfahren und Entschädigung unschuldig Verfolgter«, ebenda 1883. Ebenso hatten Erfolg seine »Akademische Praktika«, ebenda 1887, 1888, 2. Aufl. 1897. Später wandte er sich der Behandlung des deutschen bürgerlichen Gesetzbuches zu in den Schriften »Entstehung und Inhalt des Entwurfs eines B.G.B.«, ebenda 1888; »Das persönliche Eher echt des bürgert. G.B. f. d. deutsche Reich«, ebenda 1897, 2. Aufl. 1899 (seiner 90jährigen Mutter gewidmet); »Die sittliche Pflicht im bürgerlichen Gesetzbuch« (in der Festgabe für Dernburg), ebenda 1900. Er war auch an der Festgabe für Gneist (1888) beteiligt gewesen. Seine letzte Arbeit lieferte er der Deutschen Juristen-Zeitung V, 180, 181. Lebhaftigkeit und Vielseitigkeit der Interessen, nie erlahmende Freude an der Arbeit und das Bewußtsein sich aus eigener Kraft seinen Platz unter den Berufsgenossen erworben zu haben, hoben ihn über viele Schwierigkeiten hinweg. Seinen Geschwistern ein stetes Vorbild, war er seiner Mutter dauernd Trost und Stütze. 1891 zum Justizrat und 1893 zum Professor befördert, sah er sich 1896 durch öftere Kränklichkeit genötigt, seine Advokaturstellung niederzulegen. Noch in den letzten Jahren eifrig tätig, erlag er zuletzt einem schweren Magenleiden.

Nach gefl. Mitteilungen Verwandter. - Chronik der Kgl. Friedrich-Wilhelms-Universität, Jahrg. XIV, Halle a. S. 1901, S. 7. - Die Kgl. Friedrich-Wilhelms- Universität Berlin in ihrem Personalbestande seit ihrer Errichtung Michaelis 1810 bis Michaelis 1885, Berlin 1885, S. 21, 23. - »Deutsche Juristen- Zeitung« 1900, S. 200. - Grünhuts Zeitschrift XII, 279. - Gerichtssaal XXXV, 382-384. - Zeitschr. f. d. ges. Strafrechtswissenschaft III, 734, IV, 345. - Archiv für Strafrecht, XXXI 474. - Kukula Allg. deutscher Hochschulen-AImanach, Wien 1888, S. 377.

A. Teichmann.


Letzte Änderung: 01.08.2005     Gabriele Dörflinger   Kontakt

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