UB Heidelberg: O 4005-1::9
Am 11. Mai 1890 starb das langjährige Mitglied unserer Gesellschaft
Hr. SCHWALBE schildert in kurzen Zügen die Bestrebungen des Verstorbenen in Beziehung zur Entwicklung der Schulfrage, sein wissenschaftliches Schaffen und seine Stellung und Thätigkeit in der physikalischen Gesellschaft. Hr. W. GALLENKAMP, geb. zu Lippstadt 1820, hatte, nachdem er das Directorat der Friedrich-Werder'schen Gewerbeschule, jetzt Oberrealschule, im Herbst 1861 übernommen hatte, seine energische, unermüdliche Thätigkeit darauf gerichtet, der modernen Bildung ohne Zuhülfenahme der classischen Sprachen, die Stellung und Vertiefung zu schaffen, welche derselben zukommt. Die eigenartige Organisation, welche er für die: neunklassigen lateinlosen Schulen durchführte, berechtigte zu den besten Erwartungen, doch wurde die Entwicklung der Anstalt durch einseitige Entziehung der Berechtigungen auf schwerste geschädigt. Die Ideen, auf Grund der Mathematik und Naturwissenschaften einerseits und der neueren Sprachen andererseits, die in weitester Ausdehnung schon in den dreissiger Jahren Verbreitung fanden, eine Bildung herbeiführen, welche, ebenbürtig jeder andern Bildung, zu den ersten technischen und wissenschaftlichen Studien befähigen sollte, zu verwirklichen blieb sein Ziel in allen ungünstigen Verhältnissen, die der Durchführung derselben entgegenstanden. Wissenschaftlich beschäftigte er sich hauptsächlich mit Mathematik, die auch sein Hauptunterrichtsgegenstand war; von physikalischen Arbeiten liegen eine Arbeit über Winkelspiegel (Fortschr. d. Phys. 1851, POGGEND. Ann. Bd. 82) und über Beobachtung einer eigenthümlichen Meteorerscheinung vor (Fortschr. d. Phys. 1859, POGGEND. Ann. 102). Für die Gesellschaft, der er seit 1861 als Mitglied angehörte, wirkte er dadurch, dass er ihr mit Zustimmung des Magistrats ein dauerndes Sitzungslocal gewährte. Die physikalische Gesellschaft hat von 1862 bis 1883 ihre Sitzungen in der Friedrisch-Werder'schen Oberrealschule gehalten. Zugleich übernahm Hr. GALLENKAMP das Amt des Bibliothekars. Die Bibliothek musste in seinen Privaträumen untergebracht werden; ohne Beihülfe versah er bis zur Uebersiedelung; der Gesellschaft nach dem Universitätsinstitut das Amt, legte den ersten Katalog der Bibliothek an und wusste die Schwierigkeit der Benutzung der Bibliothek durch persönliches Entgegenkommen zu verringern. Die Gesellschaft hat, als er Ende 1882 sein Amt als Bibliothekar niederlegte, seine Thätigkeit durch ein Ehrengeschenk als Zeichen der Dankbarkeit anerkannt. Wenn es ihm in letzter Zeit seiner Gesundheit und seiner angestrengten Berufsthätigkeit wegen nicht mehr möglich war den Sitzungen der Gesellschaft beizuwohnen, so hat er der Gesellschaft doch bis zuletzt das wärmste Interesse bewahrt.
Die Anwesenden erheben sich zum ehrenden Angedenken
an den Verstorbenen von ihren Sitzen.
Letzte Änderung: 26.07.2005 Gabriele Dörflinger Kontakt
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