Hermann von Helmholtz:
Naturforschertagung 1889 in Heidelberg

aus:

Anna von Helmholtz : ein Lebensbild in Briefen / hrsg. von Ellen von Siemens-Hemholtz. - Berlin : Verlag für Kulturpolitik
Bd. 2, S. 18-19

Signatur UB Heidelberg: F 6834-3-44::2


Heidelberg, 20. September 1889.

Ich benutzte eine frühe Morgenstunde, meine liebe Anna, um Dir einige Nachricht von mir zu geben.

Ich fand bei Beckers eine Aufforderung von Werner Siemens vor, auf dem Schloßhôtel Mr. Edison zu treffen und fand schon unterwegs die ganze Familie Siemens, nach längerem Warten auch Mr. Edison mit einer ganz jungen sehr hübschen Frau. Er ist ein bartloser, Napoléon I. etwas ähnlicher, nur gutmütigerer Mann mit sehr klugen Augen. Auf unsere Fragen berichtet er uns viel über seine Art zu arbeiten, was sehr interessant war. Auch Mannesmann, der große Röhrenzieher, war dabei anwesend. Endlich fuhren wir mit Mr. Edison hinab in das Museum, um den neuesten Phonographen zu sehen, den sein Assistent einer gedrängten Menschenmenge dort produzierte. Durch ein in das Rohr gesetztes Hörrohr klang dieser Phonograph in der That außerordentlich deutlich, etwa wie ein gutes und stark wirkendes Telephon. Es produzierte auch den Radetzkymarsch, ausgeführt von einer vollbesetzten Militärlapelle, so daß man die einzelnen Instrumente heraushören konnte. Mr. Edison versprach, mir ein solches Instrument zu schicken und Dr. Pernet ist auf die Behandlung einstudiert worden.

Am Donnerstag hatten sie mich zum Vorsitzenden des Physikalischen Section schon im Voraus gewählt und meinen Vortrag als ersten angesetzt, den ich denn auch etwas extempore gehalten habe. Abends habe ich denselben zu Papier gebracht; die Naturforscher hatten Festmahl im Museum.

Heute war die öffentliche Sitzung im Museum. Zuerst Vortrag von Professor Hertz, der wirklich außergewöhnlich gut, auch in der Form sehr vollendet, taktvoll und geschmackvoll war - und einen Sturm von Beifall hervorrief.

Dann große Debatte über Änderungen der Statuten, wodurch die Deutsche Naturforscher Versammlung der British Association näher gebracht werden solle, der Plan, für den ich einst in Bonn vergeblich gefochten. Auch hier war starke Opposition und Virchow, der den Plan vertheidigte, wurde sehr bedrängt. Da habe auch ich verschiedene Male mitgesprochen und es wurde mir nachher von den verschiedensten Seiten gesagt, Bergmann und ich hätten durch unser Eingreifen die Sache gerettet. Schließlich ist mir wenigen Ändreungen alles durchgesetzt worden.

Dein getreuer Hermann.


Letzte Änderung: 09.01.2004     Gabriele Dörflinger   Kontakt

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