Zum 70. Geburtstag Hermann von Helmholtz' |
Heidelberg, den 31. August 1891.
Unsern Glückwunsch bringen wir aber auch dem Manne, der 12 Jahre unserer Musenstadt angehörte; dem dort Leid und Freude menschlichen Daseins in reichem Masse zu Theil wurden; dem, nach seinen eigenen Worten, die reine Luft der Heidelberger Höhen die Keime neuer Ideen zutrug; der am Wendepunkt seiner glänzenden Laufbahn unsere Universität regiert und ihr stets ein treues Andenken bewahrt hat.
Möge ihm die Kraft zu weiterer segensreicher, ruhmvoller Thätigkeit noch lange erhalten bleiben.
An den
Präsidenten der physikalischen Reichsanstalt und ordentlichen
Professor der Physik an der Kgl. Friedrich-Wilhelms-Universität
zu Berlin
Herrn Geheimen Regierungsrath Dr. H. von Helmholtz
Hochwohlgeboren
Charlottenburg
Marchstrasse 25b.
Wenn Ihr siebzigjähriger Geburtstag in der wissenschaftlichen Welt als Festtag gilt und wenn Ihnen zu dessen Feier freudiger Dank von Nah und Fern entgegengebracht wird für die staunenswerthen Leistungen, mit denen Sie die Naturwissenschaft und Medicin gefördert und befruchtet haben, so hat die medicinische Facultät der Ruperto-Carola noch besonderen Anlass, heute Ihnen unter der Zahl der Glückwünschenden zu erscheinen, da sie sich rühmen darf, Sie eine Reihe von Jahren hindurch zu ihrem Mitgliedern gezählt zu haben.
Von 1858 bis 1871 haben Sie unter uns gewirkt und durch Ihre hervorragende Lehrthätigkeit die tiefsten Anregungen auf Ihre zahlreichen Schüler ausgeübt; die glänzenden Erfolge in der Wissenschaft, welche Ihre damalige Laufbahn zieren, werden für immer unter den ersten Ruhmestiteln unserer Hochschule genannt werden. Fällt doch in diese Zeit der Abschluss zweier Ihrer Werke, welche für die Physiologie der Sinnesorgane auf lange Zeiten hinaus grundlegend bleiben werden und welche gleich bewunderswerth sind durch die Fülle und Wichtigkeit der darin niedergelegten Beobachtungen und Entdeckungen, wie durch die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der dabei verwandten Forschungsmethoden!
Es war eine glückliche Fügung für die Medicin, dass der geniale Physiker, welcher der Welt das Gesetz von der Erhaltung der Kraft offenbarte, durch äussesre Umstände veranlasst, sich in ihren Dienst gestellt hatte. Die schwierigsten Aufgaben der Experimentalphysiologie, die man vorher kaum aufzustellen gewagt hatte, vermochten Sie mit einer Sicherheit und Genauigkeit zur Lösung zu bringen, die bis dahin ohne Gleichen war. Sie beschenkten die Medicin mit der bahnbrechenden Erfindung des Augenspiegels, die ein beredtes Zeugnis dafür abgibt, wie die vollendete theoretische Erkenntniss sich auch auf den Gebieten des praktischen Lebens fruchtbringend erweist. Zwar haben Sie die Bescheidenheit, welche den grossen Forscher ziert, das Verdienst dieser Erfindung gering angeschlagen, und ist auch die darauf verwendete Geistesarbeit nur ein Strahl des Lichtes, mit dem Sie die Weiten und Tiefen der Natur durchleutet haben, so ziemt es doch uns, heute dankbar zu bekennen, dass dieser Strahl eine neue Wissenschaft, die moderne Ophthalmologie, hat entstehen lassen und dass Ihr Augenspiegel nicht nur unzähligen Menschen zu Heil und Segen gereicht, sondern auch auf wichtigen Gebieten der übrigen Medicin eine weittragende Anwendung gefunden hat.
Sahen wir Sie seiner Zeit mit tiefstem Bedauern aus unserer Mitte scheiden, so geschah es doch mit der wärmsten Anerkennung für die wichtigen Dienste, welche Sie der medicinischen Wissenschaft und unserer Hochschule geleistet hatten, woran die dankbare Erinnerung nit in unseren Herzen erlöschen wird, und mit dem tröstlichen Bewusstsein, dass Sie zu einem grösseren Wirkungskreis übergingen, zu dem Sie Ihre Bestimmung hinwies und auf dem Sie weitere Blätter Ihrem Ruhmeskranze hinzufügen sollten.
Mögen Sie noch viele Jahre unserem Vaterlande und der Wissenschaft, zu deren ersten Zierden Sie gehören, in voller Schaffenskraft erhalten bleiben und möge es Ihnen vergönnt sein, sich bis in das höchste Alter in ungetrübter Frische des Körpers und des geistes der reichen Früchte Ihres Wirkens zu erfreuen!
Heidelberg, den 31. August 1891.
die medicinische Facultät der Universität Heidelberg.
An
den Präsidenten der physikalischen Reichsanstalt und
o. ö. Professor der Physik an der Universität Berlin
Herrn Geh. Regierungsrath
Dr. Hermann v. Helmholtz
Hochwohlgeboren
Berlin
Heidelberg, August 1891.
Sie selbst, hochgeehrter Herr Geheimrath, haben unserem Vereine ein besonderes Anrecht auf diesen Vorzug gegeben, denn durch Ihre Mitwirkung und unter Ihrem Vorsitze während dreizehn für immer denkwürdiger Jahre wurde ihm schon in seinen Anfängen ein Stück Geschichte verliehen, dessengleichen sich wenige jener, ähnlichen Zwecken dienenden, anspruchslosen Vereinigungen rühmen können.
Mit den hervorragenden Naturforschern, die der Neuzeit unserer alten Universität das überall hin leuchtende, nie verlöschende Gepräge gegeben haben, sind Sie vorzugsweise bereit gewesen, dem hiesigen Kreis älterer und jüngerer Fachgenossen die Ergebnisse Ihrer rastlosen Forschung in lebendiger Rede mitzutheilen und oft so unmittelbar, dass die bescheidenen Berichte des Vereins zu seinem Stolze für das Quellenstudium vieler Ihrer berühmtesten Untersuchungen unumgänglich geblieben sind. Während Ihre grossen Werke der physiologischen Optik und über die Tonempfindungen hier ihre Vollendung erhielten und deren Entwicklung schrittweise von unserem Verein miterlebt wurde, haben Sie zugleich fast alle Gebiete der Physik und der Physiologie, anknüpfend an die umfassendste Conception, welche die Wissenschaft Ihnen schon seit dem Jahre 1847 verdankte, mit neuen Forschungen und Entdeckungen bereichert und bis in die tiefsten Probleme der Mathematik und alles menschlichen Erkennens vordringend auch an den Erfolge dieser zahlreichen Arbeiten die hiesigen Genossen vielfach zuerst theilnehmen lassen.
Auf diese Kette kostbarster Gaben von unvergleichlicher Vielseitigkeit zurücksehend und in unvergessener Erinnerung der unermüdlichen Sorge, die Sie so viele Jahre dem ganzen Leben unseres Vereins gewidmet haben, der wie so viele andere seiner Art nur unter solcher Pflege gedeihen konnte und seine unentbehrlichen Wirkungen auf das örtliche wissenschaftliche Leben auszuüben vermag, gestatten wir uns, unsern Glückwünschen vor Allem den Ausdruck lebendiger Dankbarkeit vorangehen zu lassen, die auch unser jüngeres Geschlecht bewegt, das die grosse Zeit von 1858-1871 nicht persönlich miterlebt hat, aber die Vorzüge der Fülle von Ihnen ausgegangenen Anregungen mit dem älteren theilt.
Mit der unabsehbaren Zahl von Ehrfurcht für Sie erfüllter Forscher, die sich zur Vollendung Ihres siebenzigsten Lebensjahres um Sie versammeln, verbindet sich der Verein aber in dem gleichen Wunsche, dass Ihnen noch viele Jahre rüstiger Schaffenskraft beschieden bleiben, zum Glück und zur Freude Ihres Lebens und der Ihrigen, unserem Lande und Volke zur Ehre und zum Ruhme, der Wissenschaft und aller Kultur zum unvergänglichen Segen.
Herrn Geheimen Regierungsrath Professor
Dr. Hermann von Helmholtz
Letzte Änderung: Mai 2014 Gabriele Dörflinger Kontakt
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