Die Familie Mohl
in den Erinnerungen Sir Henry E. Roscoes

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Arrived at Heidelberg and having presented our letters of introduction to Professor von Mohl and others, our first object was to secure a domicile. This we obtained in the house of a typical old South-German woman, Frau Frisch, near the Karlsthor, and here we established ourselves, my mother, my sister, myself, and my cousin Enfield Dowson, a boy of about sixteen, who had come with us to go to school in Heidelberg and learn German. Everything was new to us, and we all entered into the spirit of the thing.

I had time to get up my German before the lectures began, and with the help of an old pedagogue and that of our maid Gretchen, and by attending service in the German church on Sundays (a practice which I did not continue long), I got my ear pretty well accustomed to the language and was able to make myself understood.

The Mohls were a charming family, and the professor a polished man of the world, totally unlike the usual English idea of a German professor. His family consisted of his wife, two daughters, and two sons, with all of whom we became intimate. He had three brothers — Hugo von Mohl, the celebrated professor of botany in Tübingen; Maurice, who was high in the Würtemberg diplomatic service; and Jules, the Parisian Orientalist of world-wide fame, and the husband of the equally well known Madame Mohl. In fact the whole family was "ein eroberendes Geschlecht." The eldest daughter of the Heidelberg professor married a distinguished Austrian statesman, von Schmidt, and Anna, the other daughter, became the second wife of my friend Helmholtz, to whom I shall have occasion to refer later. I shall never forget the kindness and hospitality which we received from the Mohl family. We used to take tea with them, for, unlike many of the Germans of the time, they always drank tea in the evening, and I remember on one of my first visits I addressed Frau von Mohl as "Madame," and Anna at once informed me that I must never say this to her mother, as that was how they spoke to the market-women; I must address her as " Gnädige Frau."


p. 45-46 in
Roscoe, Henry Enfield: The life and experiences of Sir Henry Enfield Roscoe / written by himself. - London ; New York : MacMillan, 1906
Call number (Heidelberg University Library): T 876


In Heidelberg angelangt, gaben wir zuerst unsere Empfehlungsbriefe an Professor v. Mohl und mehrere andere Persönlichkeiten ab, dann begaben wir uns auf die Suche nach einer geeigneten Wohnung, Schließlich mieteten wir bei Frau Frisch, dem Typus einer alten süddeutschen Wirtin, nahe am Karlstor und richteten uns — nämlich meine Mutter, meine Schwester, ich selbst und mein Vetter Enfield Dowson, ein sechzehnjähriger Junge, der in Heidelberg zur Schule gehen und Deutsch lernen sollte — häuslich ein. Alles war uns neu und erregte unsere Neugier.

Mir blieb vor Beginn der Vorlesungen noch etwas Zeit, um meine deutschen Sprachkenntnisse wieder aufzufrischen; durch die Unterstützung eines alten Lehrers, unseres Dienstmädchens Gretchen und durch den Besuch der sonntäglichen Predigten in der deutschen Kirche (eine Gewohnheit, die ich jedoch bald wieder aufgab), gewöhnte ich mein Ohr an die Sprache und lernte auch mich selbst verständlich zu machen,

Die Mohls waren eine reizende Familie und der Professor selbst ein vornehmer Weltmann, ganz anders als man sich in England einen deutschen Professor vorstellt. Außer ihm bestand die Familie aus seiner Frau, zwei Töchtern und zwei Söhnen, mit denen wir uns bald anfreundeten. Der Professor hatte drei Brüder: Hugo v. Mohl, den berühmten Botaniker in Tübingen, Moritz, der einen hohen Posten in württembergischen diplomatischen Diensten bekleidete und Julius, den weltberühmten Orientalisten in Paris, den Gatten der ebenfalls sehr bekannten Madame Mohl. Die ganze Familie war ein „eroberndes Geschlecht“, Die ältere Tochter unseres Heidelberger Professors heiratete später den ausgezeichneten österreichischen Staatsmann von Schmidt, die jüngere Tochter, Anna, wurde die zweite Frau meines Freundes Helmholtz, von dem später noch die Rede sein wird. Niemals werde ich vergessen, mit welcher Liebenswürdigkeit und, Gastlichkeit uns die Familie v. Mohl aufgenommen hat. Wir pflegten bei ihnen Tee zu trinken, denn im Gegensatz zu den gewöhnlichen Sitten der Deutschen nahmen sie des Abends Tee. Ich erinnere mich noch, wie ich bei einem meiner ersten Besuche Frau v. Mohl mit „Madame“ ansprach, worauf mich Anna sofort belehrte, ich müßte ihre Mutter „gnädige Frau“ nennen, die andere Anrede richtete man nur an ein Marktweib.


S. 36-37 aus:
Roscoe, Henry E.: Ein Leben der Arbeit : Erinnerungen von Sir Henry Roscoe / autorisierte Übersetzung nach der engl. Orig.-Ausgabe von Rose Thesing. Mit einer Einf. von Wilhelm Ostwald. - Leipzig, 1919
Signatur UB Heidelberg: F 2908-4


Letzte Änderung: 16.06.2010     Gabriele Dörflinger   Kontakt

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