Lexikon bedeutender Mathematiker — Heinrich Weber

Quelle: Lexikon bedeutender Mathematiker / hrsg. von Siegfried Gottwald ... — Thun [u.a.], 1990. — S. 483


Weber, Heinrich: geb. 5. 5. 1842 Heidelberg, gest. 17. 5. 1913 Straßburg. — Nach dem Studium 1860-1863 in Heidelberg und Leipzig und der Promotion 1863 in Heidelberg ging W. zunächst nach Königsberg (Kaliningrad), habilitierte sich 1866 in Heidelberg, wurde dort 1869 a. o. Prof. und 1870 o. Prof. am Eidgenössischen Polytechnikum Zürich. Von dort folgte er Berufungen auf Lehrstühle an der Univ. Königsberg (1875), der TH Berlin-Charlottenburg (1883), den Uniw. Marburg (1884) und Göttingen (1892) und schließlich 1895 Straßburg.

W. war ein vielseitiger Mathematiker. In der Analysis beschäftigte er sich — beeinflußt durch die Jacobische Schule in Königsberg — u. a. mit partiellen Differentialgleichungen der mathematischen Physik, singulären Lösungen davon sowie Anwendungen auf Wärmelehre, Hydrodynamik und Elektrizitätstheorie, aber auch mit abelschen Integralen und abelschen Funktionen im Anschluß an B. RIEMANN, mit elliptischen und Besselschen Funktionen. Von wesentlich größerem Einfluß waren aber seine Resultate zur Algebra und Zahlentheorie. Er befaßte sich — 1882 zusammen mit R. DEDEKIND — mit ebenen algebraischen Kurven und gab damit Anregungen für die algebraische Theorie der Körper algebraischer Funktionen. Er bewies den von L. KRONECKER ausgesprochenen Satz der Galois-Theorie, daß jeder absolut abelsche Körper ein Kreisteilungskörper ist, führte für endliche Gruppen deren Charaktere (d. h. spezielle Homomorphismen in die multiplikative Gruppe der komplexen Zahlen) ein und legte damit Grundlagen der von G. FROBENIUS weiterentwickelten Darstellungstheorie für Gruppen. 1893 prägte er den allgemeinen Körperbegriff, dessen Theorie E. STEINITZ 1910 allgemein entwickelte, und gab mit Untersuchungen 1896/97 über die Verteilung von Primidealen auf Idealklassen in algebraischen Zahlkörpern wesentliche Anstöße für die Entwicklung der Klassenkörpertheorie.

Für Jahrzehnte fundamental war das 1895/96 publizierte zweibändige „Lehrbuch der Algebra“. Auch mit der 1903-1907 zusammen mit J. WELLSTEIN herausgegebenen „Enzyklopädie der Elementarmathematik“ erreichte er breite Wirkung.

Poggendorff, Dictionary of Scientific Biography — Siegfried Gottwald

Lit: Jahresber. DMV 23 (1914), 431-444


Abschrift durch Gabriele Dörflinger  Kontakt

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