Lexikon bedeutender Mathematiker — Karl H. Schellbach

Quelle: Lexikon bedeutender Mathematiker / hrsg. von Siegfried Gottwald ... — Thun [u.a.], 1990. — S. 412-413


Schellbach, Karl Heinrich: geb. 25. 12. 1804 Eisleben, gest. 29. 5. 1892 Berlin; Pädagoge, Mathematiker. — S., aus sehr einfachen Verhältnissen stammend, studierte 1824-1828 in Halle Mathematik und Physik. 1829 wurde er Lehrer an einer Töchterschule in Berlin. Ab 1834 lehrte er an Berliner Gymnasien, ab 1840 als Prof., daneben aber auch an anderen höheren Bildungseinrichtungen der Stadt, u. a. der späteren Kriegsakademie. Ab 1843 war S. Mitglied der wissenschaftlichen Prüfungskommission und hatte so bis 1892 entscheidenden Einfluß auf die Besetzung der höheren Lehrerstellen in Preußen. Zur Verbesserung des Niveaus des Mathematik- und Physikunterrichts begründete S. 1855 sein berühmtes Institut zur Ausbildung der Lehrer der Mathematik und Physik … (Schellbachsches Seminar). An diesem Seminar sind u. a. ausgebildet worden: G. CANTOR, A. CLEBSCH, L. FUCHS, C. NEUMANN, A. SCHÖNFLIES, H. A. SCHWARZ, O. STOLZ. S., der ab 1855 auch Mitherausgeber des „Journals für die reine und angewandte Mathematik“ war, war wesentlich mitbeteiligt an der Errichtung des mathematischen Seminars der Berliner Univ., der Observatorien in Potsdam und der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt.

Die eigenen wissenschaftlichen Arbeiten S.s waren nicht originell in den Grundideen, aber in ihrer Form, da er es verstand, auch schwierigste mathematische und physikalische Gegenstände durchsichtig, einfach, und trotzdem exakt darzustellen. Als sein wissenschaftliches Hauptwerk gilt: „Die Lehre von den Elliptischen Integralen und den Theta-Funktionen“ (Berlin 1864), in dem er eine Anleitung zum Rechnen mit und zur Anwendung der Theta-Funktionen gab. Weitere Arbeiten, meist im „Crelleschen Journal“ erschienen, behandelten die mathematische Zeichensprache (Dissertation, Jena 1834), bestimmte Integrale, Differenzenrechnung (1836), Variationsrechnung (1851), Differentialgleichungen, die Aufgabe von MALFATTI, Probleme der geometrischen Optik (ab 1849), den Luftwiderstand (1867, 1871) und die Akustik (1870). Das legendäre Lehrgeschick S.s ist andeutungsweise noch erkennbar in einer Reihe von Lehrbüchern (1843 Kegelschnitte, 1859 Elementarmathematik, 1860 Mechanik, 1860 Theorie der Extremwerte, 1863 Aufgabensammlung), die unter seiner Mitwirkung von seinen Schülern herausgegeben worden sind.

Poggendorff — Hans-Joachim Ilgauds

Lit.: ADB; F. Müller: Karl Schellbach Rückblick auf sein wissenschaftliches Leben … Leipzig 1905


Abschrift durch Gabriele Dörflinger  Kontakt

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