Lexikon bedeutender Mathematiker — Heinz Hopf

Quelle: Lexikon bedeutender Mathematiker / hrsg. von Siegfried Gottwald ... — Thun [u.a.], 1990. — S. 212-213


Hopf, Heinrich (Heinz): geb. 19. 11. 1894 Gräbschen bei Breslau (Wroclaw), gest. 3. 6. 1971 Zollikon (Kanton Zürich). — H. promovierte 1925 in Berlin nach dem Studium in Breslau. Berlin, Heidelberg und Göttingen mit der Arbeit „Über Zusammenhänge zwischen Topologie und Metrik von Mannigfaltigkeiten“, habilitierte sich 1926 in Berlin mit seinen Arbeiten über Abbildungsklassen und Vektorfelder und wurde 1931 Nachfolger von H. WEYL an der Eidgenössischen TH Zürich, wo er bis zu seiner Emeritierung 1965 blieb.

Als erste Frucht der Zusammenarbeit mit P. S. ALEXANDROFF erschien 1935 das umfassende Werk „Topologie I“. Aus der Zusammenarbeit mit S. LEFSCHETZ erhielt er die Anregung zu seiner berühmten Arbeit über den Umkehrhomomorphismus für Abbildungen von Mannigfaltigkeiten, indem er statt einer Abbildung f: M → N den Graphen von f im Produkt M × N betrachtete. Er löste das Problem der Homotopieklassifikation von Abbildungen der n-dimensionalen Sphäre und klassifizierte die Homotopieklassen der Abbildungen n-dimensionaler Mannigfaltigkeiten in die n-Sphäre. Mit dem Beweis der Aussage, daß die Summe der Indizes eines Vektorfelds mit isolierten Singularitäten auf einer Mannigfaltigkeit unabhängig vom Feld, und zwar immer gleich der (topologisch invarianten) Euler-Poincaréschen Charakteristik der Mannigfaltigkeit ist, gelangte er zu der Verallgemeinerung der Euler-Poincaréschen Formel zum Lefschetz-Hopfschen Fixpunktsatz. Im Rahmen der Hindernistheorie untersuchte er die Frage, wie viele überall linear unabhängige Vektorfelder es auf einer gegebenen n-dimensionalen Mannigfaltigkeit gibt. Nach einem H.schen Satz von 1930 entsprechen die Homotopieklassen stetiger Abbildungen eines n-dimensionalen Polyeders in die n-dimensionale Sphäre eindeutig den Elementen der n-ten Kohomologiegruppe des Polyeders mit ganzzahligen Koeffizienten. Auf der Suche nach wesentlichen (d. h. nicht zur konstanten Abbildung homotopen) Abbildungen, die trotzdem algebraisch trivial sind, betrachtete H. Abbildungen der Sphäre Sm in die Sphäre Sn für m > n; durch die bekannten hyperkomplexen Systeme ergeben sich Faserungen S3→ S2, S7→ S4, S15→ S8, für die die Hopfsche Invariante (Verschlingungszahl der Urbilder zweier allgemeiner Punkte des Bildraums) gleich l ist. Damit wird H. zum Mitbegründer der Theorie der gefaserten Räume. Bemerkenswert sind auch seine Arbeiten über die Topologie von Gruppenmannigfaltigkeiten, aus denen u. a. der rein algebraisch faßbare Begriff der Hopf- Algebra entspringt, und seine Arbeiten zur Differentialgeometrie.

Dictionary of Scientific Biography — Günther Eisenreich

Lit.: Jahresber. DMV 78 (1976), 113-146; Math. Ann. 196 (1972), 1-7; Bull. London Math. Soc. 4 (1972), 202-217


Abschrift durch Gabriele Dörflinger  Kontakt

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