Architekturführer Heidelberg

Nr. 68,  Seite 76

Palais Boisserée
Hauptstr. 209
1703-05

Das Palais mit der Kanzlei des kurpfälzischen Hofkammerpräsidenten Franz von Sickingen markiert mit dem gegenüberliegenden Großherzoglichen Palais die Mitte des Karlsplatzes.
Beim Bau werden auch Steine des gesprengten Dicken Turms der Schloßanlage verwendet. Das Anwesen dient als Wohnhaus und Kanzleigebäude. Daher erklärt sich der einbündige Grundriß, d.h. der Flur entlang der Nordseite mit Treppenhaus erschließt die zum Platz hin orientierten Räume.
Im Erdgeschoß beginden sich Büros, Küche und die Zimmer der Bediensteten. Die Wohnräume liegen auf der Bel Etage. 1810-19 beherbergt das Haus die Wohnung und Kunstsammlung der aus Maastricht stammenden Brüder Sulpiz und Melchior Boisserée. Für ihre Sammlung altdeutscher und niederländischer Gemälde, die letztlich den Grundstock der Alten Pinakothek in München bilden wird, interessiert sich auch Johann Wolfgang von Goethe währnd zweier Heidelbergaufenthalte (1814/15).
Nach Erwerb des Palais durch den badischen Staat 1826 erfolgt die Umgestaltung der Fassade, wie sie auch heute noch zu sehen ist. In der barocken „Originalfassung“ liegen zwischen den Fensternvom Sockel bis zum Traufgesims die Vertikale betonende Putzstreifen. Oval aufgebrachte Putzflächen füllen die Fensterbrüstungen des ersten Obergeschosses. Verändert werden ebenfalls die Portalzone und der Balkon des Mittelrisalits. So entsteht insgesamt ein klassizistisches Erscheinungsbild im Stil etwa der Weinbrennerbauten in Karlsruhe.
Seit dem Umbau durch die Badische Landesregierung wird es als Verwaltungsgebäude genutzt, 1923 als Sitz des Landratsamts und von 1933-37 von der Polizeidirektion. Heute befindet sich in dem Gebäude das Germanistische Seminar der Universität.

Auszug aus:
Müller, Bernd: Architekturführer Heidelberg : Bauten um 1000 - 2000 / hrsg. im Auftrag der Stadt Heidelberg von Peter Blum. — Mannheim : Ed. Quadrat, 1998
(Reihe Sonderveröffentlichungen des Stadtarchivs Heidelberg ; 10)
ISBN 3-923003-78-1


Abschrift: 2004     Gabriele Dörflinger   Kontakt

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